Deutschland und Mexiko im 2. Weltkrieg: von der Wirtschaftskooperation zur Kriegserklärung

Die Beziehungen zwischen dem Mexiko unter Präsident Lázaro Cárdenas und dem Deutsches Reich unter dem NS-Regime erscheinen auf den ersten Blick überraschend: Einerseits eine klar antifaschistisch positionierte mexikanische Außenpolitik, andererseits wirtschaftliche Kooperation – vor allem im Erdölbereich. Doch beide Staaten verfolgten ihre eigenen Interessen – und diese Kooperationsphase endete mit der offiziellen Kriegserklärung Mexikos an Deutschland, Italien und Japan im Mai 1942.

Mexiko hatte 1938 seine Ölindustrie verstaatlicht und suchte angesichts des sich anschließenden Öl-Boykotts und kurzen wirtschaftlichen Sanktionen vor allem durch die USA neue Abnehmer für sein Öl – darunter Deutschland, Italien und in sehr geringem Umfang auch Japan. Für das nationalsozialistische Deutschland waren Öl-Importe von großer Bedeutung für die Wirtschaft und die Kriegsvorbereitung, da die inländische Produktion und synthetische Treibstoffe nicht ausreichten. Insgesamt war der Zugang zu Öl zentral für alle kriegsführenden Staaten im Zweiten Weltkrieg.

Obwohl Mexiko nur einen kleinen Anteil an den deutschen Gesamtölimporten stellte (Schätzungen etwa 5 – 8 %) war der Anteil Deutschlands an den mexikanischen Ausfuhren nach der Verstaatlichung hoch (bis fast zur Hälfte der gesamten mexikanischen Exportmenge). Für Mexiko bedeuteten die deutschen Käufe Deviseneinnahmen und kurzfristig wichtige neue Absatzmärkte in einer wirtschaftlich und politisch unsicheren Zeit.

Deutschland versuchte u.a. über seine Botschaft in Mexiko seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss im Land zu stärken: Ziel war, Mexiko als strategischen Partner zu gewinnen, insbesondere als Nachbar der USA und im Rohstoffhandel. Mexikos Außenpolitik blieb jedoch geprägt von einer antifaschistischen Orientierung, die sich schon in der Unterstützung der spanischen Republik gezeigt hatte. Die wirtschaftliche Kooperation mit Deutschland wurden pragmatisch begründet – nicht als ideologische Allianz mit dem NS-Regime. Der Handel lief folglich nicht direkt zwischen den beiden Staaten, sondern über Vermittler und Zwischenhändler. Eine wichtige Rolle spiele dabei der US-Amerikaner William Rhodes Davies, der bereits 1935 die Eurotank-Raffenerie in Hamburg hatte bauen lassen (siehe dazu auch die Kontroverse hier)

Mit Ausbruch des Weltkriegs 1939 und insbesondere mit dem Kriegseintritt der USA (Dezember 1941) änderte sich die außenpolitische Situation für Mexiko. Mexiko hatte sich zunächst für neutral erklärt. Allerdings wurden die Übersee-Importe für Deutschland aufgrund der britischen Seeblockade zunehmend unmöglich, Lieferketten brachen zusammen. Nachdem die Rohstoff-Importe aus dem deutsch-sowjetischen Handelsabkommen nach dem Überfall auf die Sowjetunion bereits weggebrochen waren, eskalierte 1942 auch der Konflikt mit Mexiko: Deutsche U-Boote griffen mexikanische Öltanker im Golf von Mexiko an, was Mexiko dazu bewog, dem Deutschen Reich den Krieg zu erklären. Mit dieser Erklärung wurde Mexiko Teil der alliierten Koalition – die Wirtschaftskooperation mit Deutschland endete damit endgültig.

Das Thema im Geschichtsunterricht

Für den Geschichtsunterricht bietet das Thema einen spannende Perspektive: Wie wirken wirtschaftliche Interessen und diplomatische Einflussversuche auf die Außen- und Rohstoffpolitik? Mögliche zu untersuchende Leitfragen könnten dabei sein:

  • Wie verhandeln Staaten in einer Krisensituation ihre außen- und wirtschaftspolitischen Interessen?
  • Inwiefern war Öl ein strategischer Faktor für die Kriegsvorbereitung und Kriegsführung? Welche Rolle spielten Länder in- und außerhalb Europas?
  • Wie bestimmte die Verfügung über Rohstoffe, besonders Öl, die Kriegsführung Deutschlands (siehe insbesondere die Kaukasus-Offensive)?

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Europa im Krieg – Exil in Mexiko

Als in Deutschland die NS-Herrschaft Menschen verfolgte und zur Flucht zwang, war Mexiko kein Land, das automatisch für alle offenstand, entwickelte sich aber zu einem wichtigen Zufluchtsort für einige Gruppen — sowohl durch staatliche Entscheidungen als auch durch entschiedenes Handeln einzelner. Diese doppelte Logik von restriktiver Gesetzgebung für Einwanderung auf nationaler Ebene versus punktuelle humanitäre Öffnungen prägt die Geschichte des Exils in Mexiko und erklärt, warum dort sehr verschiedene Gruppen landeten: spanische Republikaner:innen, Kommun:istinnen, Intellektuelle, allerdings nur eine sehr kleine Zahl von Jüd:innen (siehe: Daniela Gleizer, Unwelcome Exiles. Mexico and the Jewish Refugees from Nazism, 1933–1945, Leiden/Boston 2014).

Die rechtliche und administrative Grundlage war in den 1930er Jahren eher restriktiv. Bereits 1930/31 etablierte Mexiko bürokratische Regime wie Meldepflichten für Ausländer; die Migrationsverwaltung arbeitete mit Registern und Quoten, und Visa wurden erteilt unter Prüfung von „Integrations-“ bzw. „Wirtschafts“-Kriterien (Überblick zur Einwanderungspolitik PDF). Das heißt: Offiziell gab es keine offene Flüchtlingspolitik, vielmehr mussten die Einreisewilligen Sponsoren, ausreichende Mittel oder spezielle Genehmigungen vorweisen; die Behörden konnten nach ökonomischen Erwägungen ablehnen oder – selektiv – Aufnahmegenehmigungen erteilen. Diese restriktive Linie bleibt ein Grundmuster der mexikanischen Einwanderungspolitik jener Jahre.

Gleichzeitig setzten einzelne politische Entscheidungen und diplomatisches Handeln markante Ausnahmen: Präsident Lázaro Cárdenas verfolgte in den späten 1930er Jahren eine Außenpolitik, die Solidarität mit Republikanern und Opponenten autoritärer Regime einschloss. Mexiko hatte zunächst die spanische Republik mit Geld und Waffen im Kampf gegen Franco unterstützt und öffnete dann 1939 nach der Niederlage die Türen für Verlierer:innen des spanischen Bürgerkriegs. Mexiko organisierte staatlich und zivilgesellschaftlich die Aufnahme weit über 20.000 spanischen Exilanten. Insgesamt waren es rund eine halbe Million Menschen, die für die spanische Republik gekämpft hatten über die Pyrenäen nach Frankreich geflohen und dort in Lagern interniert wurden. Die mexikanische Entscheidung, spanische Republikaner:innen aufzunehmen, erfolgte als bewusste politische Geste und wurde organisatorisch (Schiffsüberfahrten, staatliche Hilfen) umgesetzt. Mexiko war damit in der Region ein führender Aufnahmestaat für spanische Exilierte – so die offizielle Linie der mexikanischen Regierung, während Teile der Bevölkerung der Aufnahme so vieler „Linker“ skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden (PDF).

Unter diesen Flüchtlinge waren auch zahlreiche Deutsche, vor allem Sozialist:innen und Kommunist:innen, die sich für die Republik gegen den aufkommenden Faschismus in unterschiedlichster Weise engagiert hatten. Insgesamt sollen ca. 2000 Deutsche als Flüchtlinge nach Mexiko gekommen sein. Entscheidend war die Rolle, die der mexikanische Konsul Gilberto Bosques in Marseille einnahm. In den Jahren 1940–1942 stellte er Visa aus und organisierte Transportwege aus dem besetzten Frankreich, womit er nicht nur Spanier:innen, sondern auch zahlreiche jüdische und deutschsprachige Verfolgte vor der Deportation in deutsche Konzentrationslager rettete. Bosques’ Tätigkeit meist so beschrieben: Er signierte in seinem Amtsbereich zehntausende Papiere und arrangierte Transporte; viele dieser Visa dienten tatsächlich Transitzwecken, d. h. Flüchtlinge nutzten ein mexikanisches Visum, um aus Europa zu entkommen und viele kamen auch tatsächlich nach Mexiko. Schätzungen nennen etwa 1800 jüdische Einwanderer, die mit Bosques-Papieren direkt nach Mexiko eintrafen; insgesamt soll Bosques bis zu 40.000 Visa ausgestellt haben, die Menschen Fluchtwege ermöglichten — entweder nach Mexiko oder als Transit nach Übersee.

Vor diesem Hintergrund ist die deutschsprachige Community in Mexiko-Stadt zu sehen: Sie bestand bereits seit den 1820er Jahren. Institutionen wie das „Deutsche Haus“ sowie die deutsche Schule, das Colegio Alemán Alexander von Humboldt, organisierten deutsches Vereins- und Kulturleben. Um 1939 waren es ungefähr 3000 Deutsche, die in Mexiko-Stadt lebten. (PDF) Diese „Gemeinschaft“ war sozial und politisch sehr heterogen — mit Gruppen, die offen den Nationalsozialismus unterstützten , aber auch mit klar antifaschistischen Exilnetzwerken der neu angekommenen Flüchtlinge.

Die 1938 gegründete „Liga pro cultura alemana“ war die erste Exil-Organisation in Mexiko, explizit antifaschistisch und eine wichtige Anlaufstelle für die Flüchtlingshilfe. Allerdings gab es starke politische Spannungen aufgrund der unterschiedlichen politischen Orientierungen innerhalb des linken Spektrums, die sich insbesondere in der Haltung zum „Hitler-Stalin-Pakt“ und später dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion entluden. Viele antifaschistische Exilanten organisierten sich in Mexiko-Stadt daraufhin ab 1941 im Heinrich-Heine-Klub, sowie besonders die Kommunisten unter ihnen rund um die in Mexiko herausgegebene Zeitschrift „Alemania Libre“ (Freies Deutschland).

Aber auch die NSDAP war mit eigenen Organisationen in Mexiko präsent: In den 1930er Jahren wirkten NS-Parteiorganisationen und lokale Sympathisanten in Orts- bzw. Landesgruppen der NSDAP / Auslandsorganisation in mehreren lateinamerikanischen Ländern, so auch in Mexiko. Es gab Aktionen, Propaganda und gelegentlich öffentliche Veranstaltungen, gegen die mexikanische Behörden, Gewerkschaften und linke Gruppen Stellung bezogen. In Mexiko hatte die NSDAP / AO rund 150 Mitglieder, nutzte das Deutsche Haus (Casino) als Treffpunkt und hatte einen grossen Einfluss auf die schon länger in Mexiko ansässigen Deutschen. Die Existenz dieser Gruppen verschärfte die Spannungen innerhalb der Community und war einer der Gründe für Misstrauen und Konflikte in der Stadt. Ähnliches gilt übrigens auch für die spanische Gemeinschaft, wo die Falangisten den Sieg Francos im April 1939 im Casino Español feierten und die antifaschistischen Spanierinnen und Spanier sich rund um das von ihnen neu eingerichtete spanisch-republikanisch Zentrum organisierten (PDF).

Die Zusammensetzung der deutschsprachigen Exilgemeinde in Mexiko war divers sowohl was den Zeitpunkt der Ankunft in Mexiko wie auch den persönlichen Hintergrund und die politische Orientierung angeht: von politisch engagierten Kommunisten und Sozialisten über linke Intellektuelle und Künstler bis zu jüdischen Wissenschaftlern und Publizisten, so u.a.:

Viele Flüchtlinge, darunter sowohl Deutsche wie auch europäische Jüdinnen und Juden, wollten in erster Linie in die USA; Mexiko sahen sie zunächst nur als Transitstation — sei es, weil US-Visakontingente ausgeschöpft waren oder weil Einreisebedingungen in den USA extrem restriktiv blieben. Bosques’ Pässe und Visa eröffneten oft genau diesen Fluchtkorridor: Einige Menschen blieben in Mexiko, viele nutzten die mexikanische Genehmigung jedoch „nur“ zum Weitertransport nach Übersee. Damit ist zu erklären, warum Bosques’ große Zahl an ausgestellten Visa nicht in gleicher Höhe zu Einreisen nach Mexiko führte.

Die Alltags- und Integrations-Erfahrungen derjenigen, die in Mexiko blieben, sind differenziert dokumentiert: Einige Exilierte berichten in Memoiren und Interviews von Wärme, beruflichem Anschluss und produktiver Zusammenarbeit mit mexikanischen Kolleginnen und Kollegen; Künstler, Intellektuelle und Akademiker konnten oft an Universitäten, Verlagen oder in künstlerischen Werkstätten mitarbeiten. Andere Erzählungen schildern hingegen Schwierigkeiten: sprachliche Hürden, Bürokratie, prekäre Erwerbsbedingungen, gelegentliche Ressentiments gegenüber Ausländern. Bilanzierend lässt sich daher sagen: Mexiko war weder uneingeschränkt willkommend noch kategorisch abweisend — es bot einen Zufluchtsraum, der durch Administration, Kapazitäten und politische Prioritäten limitiert war.

Was geschah nach 1945? Die Wege waren individuell: Manche Exilanten blieben dauerhaft und bildeten langfristige Bindungen (Stichworte: Einbürgerungen, Familiengründungen, berufliche Integration, andere kehrten nach Deutschland zurück, wieder andere zogen weiter in die USA oder Kanada. Einige wenige kamen auch erst nach Kriegsende nach Mexiko.

Die mexikanische Exilgeschichte ist ein hervorragendes Fallbeispiel für Verflechtungs- und Transfergeschichte. Sie zeigt, wie nationale Migrationspolitik, internationale Diplomatie, persönliche Netzwerke und das Handeln einzelner zusammenspielen. Sie eröffnet auch Zugänge zu Fragen der Erinnerung: Wie werden „Gastfreundschaft“ und „Ablehnung“ erinnert? Welche Rollen spielt dieser Teil der Geschichte in Schulen, Denkmälern und Archiven?

Neben den zahlreich veröffentlichten Memoiren sei ein Film als Lernmaterial besonders empfohlen. In Ausschnitten für den Unterricht geeignet lässt der Dokumentarfilm „Flucht nach Mexiko – Deutsche im Exil“ (1994) deutsche Geflüchtete in Zeitzeugeninterviews zu Wort kommen, die in Mexiko heimisch geworden sind, und geht auch kurz auf die Entwicklung der deutschen Auslandsschule in Mexiko-Stadt zur Zeit des Nationalsozialismus ein:

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Auf Spurensuche: Mexikos Protest gegen den „Anschluss“

Der “Anschluss”: Mit dem 12. März 1938 wurde die Republik Österreich in das nationalsozialistische Deutschland eingegliedert. Während die meisten Staaten untätig blieben oder den Anschluss stillschweigend akzeptierten, reagierte Mexiko ungewöhnlich klar. Am 19. März 1938 legte Mexiko als einziges Land beim Völkerbund offiziell schriftlich Protest gegen den „Anschluss“ ein.

Der Protest wurde durch den mexikanischen Gesandten beim Völkerbund in Genf, Isidro Fabela, übermittelt, unter der Regierung von Präsident Lázaro Cárdenas, und bezeichnete die Annexion als Verstoß gegen das Völkerrecht und insbesondere als Angriff auf die politische Unabhängigkeit Österreichs.

Gedenktafeln im Museo del Risco – ehemaliges Wohnhaus von Fabela, das er 1958 dem mexikanischen Volk geschenkt hat

Aber auch der Völkerbund akzeptierte stillschweigend den Bruch internationalen Rechts durch Deutschland – die Trennung von Deutschland und Österreich in zwei unabhängige, souveräne Staaten war durch die Pariser Vorortverträge nach dem Ersten Weltkrieg festgeschrieben.

In Mexiko-Stadt hingegen „hatten die deutschen Nationalsozialisten der NSDAP, Landesgruppe Mexiko […] ein ‚Fest für den vollzogenen Anschluss‘ vorbereitet“, das eine öffentliche Bücherverbrennung einschloss und zu der es „für Personen mit Verwandten in Deutschland oder Österreich ratsam“ sei hinzugehen.

International wurde Mexikos Protest jedoch besonders von den demokratischen Staaten als ein aktiver Ausdruck von Solidarität und als moralischer Bezugspunkt anerkannt. Außenpolitisch pflegte Mexiko insbesondere unter Cárdenas eine Politik, die auf Nicht-Intervention, Selbstbestimmungsrecht der Völker und Rechtstaatlichkeit setzte. Der Anschluss Österreichs war für Mexiko ein Signal dafür, wie einzelne Staaten internationale Regeln missachten konnten. Mexiko sah in der Protestnote nicht nur symbolischen Wert, sondern verstand sie als Teil seiner Außenpolitik gegen aggressive Expansion.

Und das durchaus im eigenen Interesse: 1938 geriet Mexiko zeitgleich in einen Streit mit den USA über die Verstaatlichung der Ölindustrie unter Präsident Cárdenas. Somit diente die Protestnote auch der Selbstbehauptung mexikanischer Souveränität. Gleichzeitig stand sie im Kontext der interamerikanischen Politik und der Monroe-Doktrin: Mexiko forderte die Abkehr von US-Dominanz und ein System gegenseitiger lateinamerikanischer Solidarität, das später auf der 8. Panamerikanischen Konferenz in Lima 1938 bekräftigt wurde.

Spurensuche

Viele exilierte Österreicher fanden in Mexiko vorübergehend Zuflucht. Die genaue Zahl der österreichischen Flüchtlinge in Mexiko ist nicht bekannt (es werden Zahlen zwischen 500 und 1500 genannt), da viele ihren Geburtsort aus der Zeit vor 1918 in den Grenzen des untergegangenen österreichisch-ungarischen Reiches nutzten, um mit einer anderen Staatszugehörigkeit einzureisen. Wer sich dafür näher interessiert: Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes hat Biographien von Verfolgten gesammelt und stellt diese online zur Verfügung.

Als sichtbares Denkmal für Mexikos Schritt existiert in Wien der Mexikoplatz im 2. Wiener Gemeindebezirk (Leopoldstadt). Die Umbenennung erfolgte 1956, um an Mexikos offizielle Protestnote zu erinnern. Auf dem Platz befindet sich ein Gedenkstein, der 1985 enthüllt wurde, mit der Inschrift:

„Mexiko war im März 1938 das einzige Land, das vor dem Völkerbund offiziellen Protest gegen den gewaltsamen Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich einlegte. Zum Gedenken an diesen Akt hat die Stadt Wien diesem Platz den Namen Mexiko-Platz verliehen.“

2008 errichtete der Künstler Marko Lulić auf dem Mexikoplatz ein temporäres Mahnmal. Ausgehend von der Inschrift auf dem Gedenkstein mit dem Hinweis auf den “gewaltsamen Anschluss” setzte sich dieses Mahnmal kritisch dem Mythos von Österreich als „erstem Opfer“ des Nationalsozialismus auseinander, in dem es in über drei Meter großen Zahlen „99,73“ auf die Zustimmung in Österreich in der Volksabstimmung im April 1938 verweist. Auch wenn diese Abstimmung nicht unter demokratischen Bedingungen durchgeführt wurde, verweist das Mahnmal auch auf die hohe Zustimmung in der Bevölkerung zur Vereinigung mit Deutschland und zu den Ideen des Nationalsozialismus bereits vor dem „Anschluss“.

Gedenkstein in Mexiko-Stadt von 2019

Darüber hinaus gibt es seit 2005 in der Wiener Donau-City die Isidro-Fabela-Promenade, deren Strassenschild eine Tafel mit erklärendem Text umfasst. 

In Mexiko-Stadt gibt es seit 2019 einen Gedenkstein mit Inschriftentafel auf einer kleinen Grünecke mitten in einer breiten Autokreuzung, wo sich der Paseo de la Reforma und Insurgentes kreuzen, in Nähe des mexikanischen Senats. Der Text auf der Tafel würdigt Mexikos offiziellen Protest gegen die Annexion Österreichs. Die Skulptur hat der österreichische Künstlers Mathias Hietz geschaffen und ist ein Geschenk Österreichs an Mexiko als Dank für den offiziellen Protest.

Das Thema im Unterricht

Schrifttafel auf dem Gedenkstein in Mexiko-Stadt

Der Protest Mexikos gegen den Anschluss ist mehr als ein historisches Randereignis. Er zeigt, dass auch Staaten, die nicht unmittelbar betroffen sind, moralische und völkerrechtliche Verantwortung übernehmen können. Für den Geschichtsunterricht bieten sich mehrere Lerngelegenheiten:

Quellenarbeit: Die Protestnote (Digitalisat im französischen Original und Transkript auf Deutsch) und zeitgenössische Reaktionen ermöglichen ein differenziertes Bild und betten den “Anschluss” in eine globalgeschichtliche Perspektive ein.

Erinnerungskultur: Die Straßenbenennungen und Gedenksteine in Wien und Mexiko zeigen, wie Geschichte in den öffentlichen Raum eingeprägt wird und wie Erinnerungspolitik und -kultur sich verändern. Die Orte in Wien bzw. Mexiko können auch Gegenstand von (virtuellen) Exkursionen und Erkundungen vor Ort sein.

Politische Ethik und Sanktionen: Der mexikanische Protest ist ein Beispiel, wie internationales Recht und multilaterale Institutionen gestärkt oder geschwächt werden, je nachdem wie Staaten handeln, und kann im Unterricht mit der Appeasement-Politik kontrastiert werden.

Zum Weiterlesen seien abschließend noch diese beiden online verfügbaren Artikel empfohlen:

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.), Österreicher im Exil. Mexiko
1938–1947 (2002), https://www.doew.at/cms/download/81056/mexiko_protest.pdf

Gerhard Hafner, A Swallow in Winter: The Mexican Protest in 1938 (2018), https://viennalawreview.com/index.php/vlr/article/view/121

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