Deutschland befindet sich in einer politisch und gesellschaftlich turbulenten Phase. Mit Erschrecken beobachten wir in Deutschland wie international die zunehmende Popularisierung nationalistischer und antidemokratischer Positionen. Die in Teilen gesichert rechtsextreme AfD ist laut aktuellen Wahlprognosen auf dem besten Weg, bei der kommenden Bundestagswahl zweitstärkste Kraft zu werden.
In den östlichen Bundesländern konnte sie bereits erhebliche Wahlerfolge feiern. Gleichzeitig nimmt die Bedrohung durch Rechtsextremismus zu: Gedenkstätten berichten von immer häufigeren Angriffen und Schmierereien, während rechtsextreme Gewalttaten ansteigen.
Gestern, am 29. Januar 2025, wurden nach dem offiziellen Gedenken an die Opfer Holocaust zum ersten Mal bewusst und willentlich im Bundestag ein Antrag von der CDU/CSU eingebracht, der nur mit der Zustimmung der AfD eine Mehrheit finden konnte. Dies alles geschieht in einem Land, das sich seiner historischen Verantwortung besonders bewusst sein wollte – aber, um es mit Michal Bodemann und Max Czollek zu sagen, vor allem wohl ein Gedächtnistheater aufgeführt hat.
Der Geschichtsunterricht in Deutschland folgt klaren Prinzipien wie Multiperspektivität, Wissenschafts-orientierung, Quellenarbeit und Gegenwartsbezug. Ziel ist es u.a., Schülerinnen und Schüler zu kritischen, reflektierten und mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu erziehen. Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und der DDR-Vergangenheit nimmt einen zentralen Platz ein, um ein Bewusstsein für demokratische Werte und historische Verantwortung zu schaffen.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen stellt sich eine auch für mich persönlich unbequeme Frage: Verfehlt der Geschichtsunterricht in Deutschland seine selbst gesteckten Ziele? Ist der bisherige Ansatz unseres Geschichtsunterrichts gescheitert, wenn eine Partei mit rechtsextremen Tendenzen Wahlerfolge feiert, insbesondere auch bei jungen Wählerinnen und Wähler, und Gedenkstätten zum Angriffsziel werden?
Klar ist: Wir dürfen nicht resignieren und uns nicht zurücklehnen. Also, was können wir tun? Wenn Geschichte nicht nur ein Schulfach, sondern eine Verantwortung ist, müssen wir uns fragen: Was können, was müssen wir anders machen als Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer, um unsere Schülerinnen und Schüler auf die aktuellen Herausforderungen und die Demokratie in unserem Land zu stärken?
Nachträge:
P.S. Das KI-generierte Beitragsbild von Dall-e zeigt laut Prompt „das Bild einer typischen Geschichtsstunde in einem deutschen Klassenzimmer im Jahr 2025“ – für mich irritierend nationalistisch in vielen Details. Eine anderer Versuch, gleichfalls mit Dall-e, machte das nicht besser (siehe Bild rechts).
P.P.S. Bildung und Schule, speziell der Geschichtsunterricht, sind eins der ersten Ziele neuer autokratischer Regierungen. Auch von gestern hier noch der Hinweis auf eine weitere Executive Order von Donald Trump. Diese Verordnung zielt darauf ab, dass Schulen keine „ideologischen Inhalte“ vermitteln, die als „anti-amerikanisch“ oder „diskriminierend“ angesehen werden, und betont die Bedeutung „rigoroser Bildung“ und die „Förderung patriotischer Wertschätzung für die Nation“: https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/ending-radical-indoctrination-in-k-12-schooling/
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