Interaktive Whiteboards im Geschichtsunterricht – Versuch einer Zwischenbilanz 1

Nach ersten eigenen Unterrichtversuchen mit interaktiven Whiteboards im Unterricht und ersten fachdidaktischen Veröffentlichungen von Kollegen (z.B. Alexander König zu Einstiegen in Geschichte lernen 137, S. 58ff.) soll hier der Versuch einer (herstellerunabhängigen) Zwischenbilanz unternommen werden.

Nach anfänglicher Skepsis möchte ich nun den Einsatz der Boards nicht mehr missen und würde mir mehr davon in meiner Schule wünschen. Allerdings – und das ist in letzter Zeit zu Recht wiederholt hervorgehoben worden,  und hat es sogar bis in die Martenstein-Kolumne der Zeit geschafft – sind die Folgekosten dieser Investionen noch nicht abzusehen und könnten mittelfristig tatsächlich ein Problem darstellen.

Jedoch muss man sehen, dass auch bislang für Ankauf, Wartung und Reparatur von Beamern, OHPs, CD-Playern, Fernsehern, DVD-Spielern u.a. einiges an Aufwendungen nötig und offensichtlich auch vorhanden ist. Alle diese Geräte können durch eine interaktive Tafel ersetzt werden. Auch der einzelne Lehrer kann sparen: So habe ich seit Einführung der interaktiven Tafel keine teuren Farbfolien mehr gebraucht. Dies relativiert die genannten Kosten, wenn auch zur Zeit Anschaffung und Folgekosten für ein interaktives Whiteboard insgesamt (noch?) höher liegen

Die Gefahr, dass der Einsatz der Board zu Technikspielereien und einem Rückschritt in Richtung mehr Frontalunterricht führen kann, ist gleichfalls schon oft benannt worden. An einem Board können eben zeitgleich maximal ein bis zwei Personen, ein Lehrer und ein oder zwei Schüler, arbeiten. Nichtsdestotrotz bietet ein interaktives Whiteboard (IWB) in Frontalphasen  (vor allem Einstieg und Ergebnissicherung) einen Mehrwert gegenüber herkömmlichen Tafeln aufgrund der möglichen Integration mehrere Medien.

Dies ermöglicht das schnelle Einbinden verschiedener Medienformen in das Tafelbild (Film,  Bilder, Statistiken, Karten, Ton, Internetseiten, 3D-Modelle usw.).  Wollte man bisher mit mehreren Medien, z.B. bei einem Feature arbeiten, benötigte man einen OHP/Beamer für die Bilder, einen CD-Player für die Musik und die Tafel für Notizen.

Die Medien können auf den IWBs abgespielt, bearbeitet und analysiert werden. So kann z.B. ein Film gezeigt, während der Projektion ein Screenshot erzeugt werden, der sich dann beschriften lässt. Das Ergebnis der Analyse kann anschließend gespeichert und später in derselben oder der nächsten Stunde wieder aufgerufen, den Schülern in digitaler Form zur Verfügung gestellt oder ausgedruckt werden (die Berücksichtigung urheberrechtlicher Fragen immer vorausgesetzt).

Alexander König hat in seinem Beitrag auf die vielfältigen Möglichkeiten im Einstieg bereits hingewiesen: Zur Aktivierung von Vorwissen können Quiz, Lückentexte, Rätsel, Zuordnungsaufgaben auf Zeitleisten oder Verfassungsschemata für alle sehr einfach und ansprechend visualisiert werden.

Da die Materialien, einmal erstellt, in digitaler Form vorliegen, können sie leicht für verschiedene Lerngruppen verändert, angepasst und mit Kollegen in der Schule und darüber hinaus ausgetauscht werden. Das Bereitstellen von entsprechenden kostenlosen Materialpools ist dringend nötig, da das Erstellen von eigenen Materialien natürlich immer aufwändig ist.

Ebenso können die Boards dazu dienen, Brainstormingprozesse entweder mit der Boardsoftware oder mit Mindmappingwerkzeugen festzuhalten, die häufig auch den Einstieg in ein Thema bilden.

Unterstützend können die IWBs auch bei Schüler- und Lehrervorträgen eingesetzt werden, wobei sich bei der Nutzung der Boardsoftware im Gegensatz zu gängigen Präsentationsprogrammen auch ein anderer, für mich persönlich angenehmerer Vortragsstil ergibt, der flexibler und interaktiver ist als die Arbeit mit fixen Foliensätzen. Es können während der Vortrags Elemten verschoben, vergrößert, hervorgehoben, Veränderungen und Korrektoren in der Präsentation vorgenommen, Zurufe und Ergänzungen aus dem Publikum aufgenommen oder Ideen der Zuhörer gesammelt werden.

Der eigentliche Clou liegt meines Erachtens aber gar nicht so sehr im Einsatz der Boards im Frontalunterricht, sondern in der Möglichkeit der Weitergabe der Boardsoftware an alle Schüler und der Arbeit mit dieser Software im Unterricht und Zuhause. Dies kann, sofern die entsprechende Infrastruktur (ausreichend internetfähige Computer oder Laptops) vorhanden ist, in Kombination mit einem IWB und einer Lernplattform tatsächlich eine Indiviualisierung von Lernprozessen und eine Veränderung der Lernkultur wesentlich unterstützen. Dazu mehr in einem folgenden zweiten Teil.

Weimarer Verfassung auf dem IWB

Selbst im Referendariat habe ich nicht mit Moosgummi gearbeitet (nein, wirklich nicht). Auch Papierschnipsel waren mir eher suspekt, insofern kommt mir die Arbeit mit interaktiven Whiteboards bzw. deren Software sehr entgegen, weil man hier schön schnipsel- und klebefrei Verfassungsschemata zerlegen und wieder zusammensetzen kann. Ein einfacher Entwurf dazu als Puzzle oder Lückentext und mit entsprechender Lösungsfolie steht seit eben zum Download bei prometheanplanet online.

Die Flipcharts können zur Wiederholung am Anfang einer Stunde eingesetzt werden oder als Vorlage, mit der die Schüler aus einem Text selbst die Verfassung zusammenbasteln. Durch die Vorgabe der Elemente kürzt sich hier die Bearbeitungszeit und in den meisten Fällen ist das Produkt auch ansehnlicher und übersichtlicher als komplette Zeichnungen von Lehrer- oder Schülerhand.

Zudem: Wer die entsprechende, in der Grundversion kostenlose Software benutzt, kann die Vorlagen entsprechend seiner Ideen für den eigenen Unterricht ergänzen, korrigieren und verändern und gegebenfalls z.B. die zweite Folie auch zum Ausfüllen ausgedruckt  und kopiert den Schülern als Arbeitsblatt ausgeben.

Bismarcks Bündnissystem

Neue Flipchart-Vorlage zu den europäischen Bündnissystem vor und nach 1890. Hier nur als PDF, da wordpress das Dateiformat nicht unterstützt; auf prometheanplanet auch als Flipchart-Download in Farbe und mit funktionierendem Link.

Ausgehend von einem Text bei Lemo (oder alternativ aus dem Schulbuch) erarbeiten die Schüler an den Computern die Veränderungen der europäischen Bündnissysteme zur Zeit Bismarcks. Die Grundstruktur ist durch die Flipchart vorgegeben. Die Schüler ergänzen mit dem Text- und Linienwerkzeug die entsprechenden Bündnisse. Eine Gruppe stellt ihre Ergebnisse vorne am Board vor. Das Deutsche Reich ist auf der zweiten Folie rot markiert, um die Orientierung auf den beiden Seiten zu erleichtern. Sie kann zur späteren Fortsetzung des Themas und dem Vergleich für die Veränderungen in der Zeit nach Bismarck dienen.

Kurz einige Hinweise zum Erstellen der Flipchart: Wichtig ist alle angelegten Objekte und Beschriftungen sowie die Karte unbeweglich zumachen. Das geht entweder durch die Funktion „Geperrt“ oder das Legen der entsprechenden Objekte in die Hintergrundebene. Der Aufbau dieser Seite lässt sich im Objektbrowser nachvollziehen.

Die Seite wurde nur einmal erstellt, dann im Seitenbrowser dupliziert. Anschließend wurde der Titel („nach“) sowie die Farbe („rot“) mit dem Fülleimer geändert.

Die Arbeit mit den beiden Flipcharts kann auch gut getrennt durchgeführt werden: Zunächst das Üben von Erstellen solcher Schemata am Bündnissystem Bismarcks und in einer späteren Stunde der Rückgriff auf die erste Flipchart mit der Frage nach den Veränderungen nach 1890. Dabei könnten dann auch die Schüler die erste Flipchart duplizieren und dort die Verbindungslinien entsprechend den veränderten Bündnissen verschieben.

Zeitleisten mit dem interaktiven Whiteboard

Das hier vorgestellte Beispiel ist mit der Promethean-Software ActivInspire erstellt. Es umfasst einen Zeitstrahl von 1848-1890 (pdf) zur deutschen Geschichte. Unter der Zeitleiste befinden sich teilweise den Schüler bekannte, teilweise unbekannte Abbildungen, die die Schüler richtig auf der Zeitleiste einordnen und beschriften sollen. Dies ist kurz mündlich zu begründen. Die Flipchart (Format der ActivInspire-Dateien, das sich leider hier nicht hochladen lässt – die Datei findet sich zum Download hier) wurde zur Wiederholung nach den Ferien für einen Oberstufenkurs konzipiert. Die Bedeutung von Zeitleisten im zunehmend von exemplarischen, gar fragmentarischen Inhalten geprägten Geschichtsunterricht ist in letzter Zeit wiederholt hervorgehoben worden. Neben den Möglichkeiten mit webbasierten Anwendungen oder Office-Produkten Zeitleisten zu erstellen, bieten auch interaktive Whiteboards (IWB) gute Möglichkeiten.

Vorteil der Arbeit der IWB-Software ist die Integration von Medien: Neben Text können auch Bilder, Videos oder Tondokumente in hoher Qualität eingebunden werden. Da die Software mit den Boards in der Regel als Campus-Lizenz zur Verfügung gestellt wird, d.h. auf alle Schul- sowie Privatrechner der Schüler und Lehrer aufgespielt werden darf, kann hier auch individualisiert oder in Kleingruppen gearbeitet werden. Die Ergebnisse werden dann abschließend für alle vorne am Whiteboard gezeigt und gesichert, z.B. per Mail verschickt oder im virtuellen Klassenraum einer Lernplattform hinterlegt.

Mit Hilfe eines Rasters lässt sich ein exakter Maßstab erstellen. Überschrift, Legende und die Leiste selbst können entweder in den Hintergrund gelegt oder in anderer Form unveränderlich gemacht werden, so dass nur die gewünschten Objekte von den Schülern verschoben werden können sowie eine zusätzliche Beschriftung ermöglicht wird.

Das hier vorlegte Beispiel verlangt eine vergleichsweise komplexe Zuordnungs- und Erklärungsleistung. Selbstverständlich können im Unterricht auch vorgefertigte „leere“ Zeitleisten angelegt und mit zunehmendem Unterricht von den Schülern mit Material „gefüllt“ werden. Welche Daten, Personen, Ereignisse, Bilder etc. sind so zentral, dass sie in die Zeitleiste aufgenommen werden sollen? Hier lassen sich gewinnbringende Diskussionen über Fragen der historischen Relevanz (siehe auch Link) anknüpfen. Soll die Zuordnung vereinfacht werden, können z.B. vorab die Medien beschriftet oder die zuzuordnenen Jahreszahlen schon auf der Zeitleiste eingetragen werden.