Eine BYOD-Klasse als Schulprojekt

Für BYOD gibt es unterschiedliche Definitionen: Für einige ist BYOD bereits das gezielte, zeitlich begrenzte Zulassen vorhandener Geräte einiger Schülerinnen und Schülern. Die UNESCO spricht in ihren Policy Guidelines für mobiles Lernen schlicht von¨learners supply their own devices¨ in Abgrenzung von der Bereitstellung von Gerät durch Staat/Institution bzw. Formen der Mischfinanzierung.

Auch von Kollegen habe ich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder gehört: ¨Das mache ich doch schon! Meine Schüler dürfen in der Oberstufe natürlich mal mit ihren Handys was googlen oder in der Wikipedia nachschauen. Wozu braucht man denn da noch ein Konzept?¨ Ähnliches findet sich in einigen Lehrerblogs mit Erfahrungsberichten zum Lernen mit den eigenen digitalen Endgeräten der Lernenden.

Trotzdem möchte ich für einen konzeptionellen BYOD-Ansatz in der Schule werben. Dieser ist für die gegenwärtige Übergangsphase notwendig. Die wesentlichen Vorteile von BYOD liegen auf der Hand: Immer mehr Lernende haben tragbare digitale Endgeräte, die oft leistungsfähiger sind als die in den Schulen vorhandenen, schnell veraltenden Computer. Diese zunehmende Eigenaustattung der Schülerinnen und Schüler fällt zusammen miteiner Zeit schnellen technologischen Wandes, der in kurzen Abständen immer höhere Rechnerleistungen und Speicherkapazitäten fordert, und wohl längerfristig leeren Kassen bei einer Großzahl von Kommunen und Kreisen als Schulträger, die eine angemessene IT-Ausstattung von Schulen weitgehend unmöglich machen.

Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine Übergangsphase, in der eben noch nicht alle Schüler und noch weniger die Lehrkräfte entsprechende Geräte besitzen. Aktuell liegt die Ausstattung von Jugendlichen mit Smartphones bei statistisch etwas mehr als einem Drittel, wobei das jeder Lehrer aus eigener Anschauung weiß, dass die Zahlen von Klasse zu Klasse und von Schule zu Schule differieren. Aus meiner Beobachtung würde ich sagen, dass die jüngeren Schülerinnen und Schüler im Schnitt besser ausgestattet sind als die älteren, wasvermutlich den langfristigen Entwicklungstrend aufzeigt.

BYOD als einzelner Lehrer in den eigenen Klassen zu beginnen, ist natürlich eine Möglichkeit, und besser als nichts, aber bietet mehrere Nachteile:

  • In kaum einer Klasse findet sich zur Zeit eine 100%-Eigenausstattung der Schüler. Natürlich reichen oft auch nur einige Geräte, z.B. für die Recherche in Gruppenarbeiten. Diejenigen Schüler mit Smartphone werden dadurch aber deutlich und immer wieder herausgehoben, aufgrund ihres Besitzes,was zu Neid und Missgunst innerhalb der Klassengemeinschaft, aber auch von den sich als benachteiligt sehenden Schülern gegebenüber der Lehrkraft führen kann.
  • Bei der Einführung und Arbeit mit BYOD stellen sich zahlreiche rechtliche und technische Fragen für die es gut ist, die Unterstützung der Schulleitung, der Elternschaft und Zusammenarbeit mit den IT-Veranwortlichen der Schule zu suchen, z.B. um einen Wlan-Zugang für Schüler mit Gerät aber ohne Datenflatrate zu ermöglichen.
  • Zugegebenermaßen manchmal geht es nicht anders und es ist gut als Lehrkraft gemeinsam mit Schülern vorhandene Gestaltungsspielräume zu nutzen. Aber wer solche Veränderungen als Einzelkämpfer nur im eigenen Unterricht ohne den Versuch der Rückkopplung mit der Schulgemeinschaft in Angriff nimmt, läuft Gefahr von den Kollegen, wenn sie nett sind, als skurriler Außenseiter, wenn es weniger gut läuft, als Bedrohung der etablierten Schon- und Arbeitshaltung, vorgeschoben dann gerne das Schulklima und die Schulgemeinschaft, wahrgenommen zu werden.

BYOD konzeptionell anzugehen, vielleicht auch zunächst nur mit einer Klasse, macht deshalb Sinn. Dies ermöglicht die Einbindung aller ¨Stakeholder¨, die einem sonst das Leben schwer machen können. Notwendige rechtliche Regelungen und Anpassungen der technischen Infrastruktur der Schule können so in einem überschaubaren Rahmen entwickelt und ausprobiert werden. Das sind notwendige Vorarbeiten, aus deren Erfahrungen eine planvolle Übertagung auf größere Einheiten erst sinnvoll wird. Als Projekt kann auf diese Weise künstlich eine 100%-Eigenaustattung bei den Lernenden hergestellt werden, was in der aktuellen Übergangsphase noch notwendig ist, sich aber in wenigen Jahren vermutlich von selbst erledigt. Dann wird sich nur noch die Frage stellen, wie die wenigen Lernenden ohne Gerät entsprechend ausgestattet werden können – da werden sich ähnliche Unterstützungsmechanismen finden, wie sie aktuell bei Schulbüchern, Klassenfahrten oder Laptopklassen bereits existieren.

Mit der organisatorisch durch die Klassenzusammensetzung geschaffene Vollausstattung lässt sich ein Team aus interessierten Lehrkräften, idealerweise gemeinsam Schulleitungs-, Eltern- und Schülervertretern, bilden, das sich austauscht, das Projekt gemeinsam dokumentiert und z.B. die Eingangsphase der ersten Wochen gemeinsam gestaltet, die notwendigen Einführungen und Absprachen mit den Schülern auf verschiedene Unterrichtsfächer und -stunden verteilen.

Die Vollausstattung ermöglicht aber auch, und das scheint mir wesentlich, die Entwicklung und Erprobung neuer Lernszenarien, die die Vielfalt der Geräte und ihrer Funktionen berücksichtigen. Nur so geht der Einsatz der Geräte über die Ad-hoc-Nutzung zum Nachschlagen hinaus.

Präsentation von classroom4.eu bei #gld13

Morgen startet die ersten Konferenz im deutschsprachigen Raum zum Digitalen in Geschichtsdidaktik und -unterricht. Die Veranstaltung ist als interaktive Netztagung angelegt, so dass auch partizipieren kann, wer nicht in München vor Ort ist. Wer die Vorträge mitverfolgen will, kann dies über eine Twitterwall und einen Live-Stream tun. Die entsprechenden Links finden sich im Tagungsblog.

Anbei stelle ich die Folien zu meinen Vortrag hier schon ein. Hoffentlich machen die Bilder neugierig auf das Thema, den Vortrag online zu verfolgen; vielleicht lässt sich nach Durchsicht der Folien aber auch schon sagen, wie langweilig der Beitrag ist und damit das Joggen oder die Kaffeepause am Freitagnachmittag zuhause besser planen 😉

Buchtipp: Web 2.0 im Fremdsprachenunterricht

Ein Buch über „Web 2.0 im Fremdsprachenunterricht“ an dieser Stelle vorzustellen, mag zunächst befremden. Aber wenn man mal genau hinauschaut, was gibt es zum Thema „Web 2.0“ bislang für den Geschichtsunterricht? Außer in den einschlägig bekannten Blogs wenig bis gar nichts. In den Fremdsprachen sieht das anders aus, nicht nur ist auf den von Jürgen Wagner und Verena Heckmann herausgegebenen Sammelband zu verweisen, auch in den Praxiszeitschriften sieht es anders aus als bei den Historikern: So ist zum Beispiel die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Unterricht Französisch“ im Friedrich-Verlag dem Thema „Interaktive Whiteboards“ gewidmet. In Zukunft sicher auch vorstellbar für geschichtsdidaktische Publikationen, vielleicht sogar wünschenswert, auf jeden Fall scheint es, dass wir als Geschichtslehrer trotz der Nähe zur Medienarbeit („Geschichte ist immer und ausschließlich medial vermittelt.“) hinten dran sind.

Es ist nun aber auch, wenn man einmal darüber nachdenkt, nicht so arg verwunderlich, dass die Fremdsprachen in der Nutzung – und folglich in der Publikation von Unterrichtsvorschlägen zum Einsatz – von Web 2.0-Werkzeugen weiter sind als andere Fächer. Das lässt sich meines Erachtens durchaus plausibel mit Anlage und Struktur der sprachlichen Fächergruppe erklären. Ähnliches gilt für Mathe und Naturwissenschaften in Bezug auf das Modell des Flipped oder Inverted Classroom, aber das ist noch einmal ein eigenes Thema.

Worin geht es im Fremdsprachenunterricht? Im Wesentlichen um Kommunikation. Vereinfacht gesagt: Wenn Schüler in einer Fremdsprache kommunizieren, ist das bereits eine Form des Spracherwerbs durch Üben, Wiederholen, Ausprobieren und Improvisieren. Hier liegt eine große Schnittmenge mit dem zugrunde, was als „Web 2.0“ bezeichnet wird: Die eigene Textproduktion, die Interaktion mit anderen Usern und das Veröffentlichen selbst erstellter Inhalte im Netz.

Insofern überrascht es wenig, für die Fremdsprachen entsprechende Veröffentlichungen wie auch das vorliegende Buch zu finden. Stellt sich die Frage, ob sich für den Geschichtsunterricht etwas gewinnbringend lesen oder direkt übernehmen lässt? Um es vorweg zu nehmen: Zur direkten Übernahme in den Geschichtsunterricht eignet sich wenig in dem Buch. Anregend lesen lässt es sich nichtsdestotrotz.

„Web 2.0 im Fremdsprachenunterricht“ hält, was der Untertitel verspricht: Es ist ein „Praxisbuch“. In insgesamt beeindruckenden 35 (!) Beiträgen werden unterschiedlichste Web 2.0-Werkzeuge an einem konkreten Unterrrichtsbeispiel vorgestellt. Jedes Beispiel stammt aus der Praxis und ist hinlänglich erprobt. Eine wahre Fundgrube für jeden (Fremdsprachen-) Lehrer.

Von Wikis über Glogster, Pinterest und Popplet, Podacsting, Microblogging, Trickfilmen, Arbeit mit sozialen Netzwerken und Videos bis zu komplexen Lern-Management-Systemen wie Moodle wird in den Beiträgen ein großer Bogen gespannt oder vielmehr ein bunter Strauß an Möglichkeiten präsentiert. Bei aller Praxisnähe ist an dieser Stelle auch die einzige Kritik zu vermerken: Aus meiner Sicht hätten die Beiträge etwas stärker gebündelt und strukturiert und in einem programmatischen Beitrag auch theoretisch verortet werden dürfen.

Für den Geschichtsunterricht ist mir ähnliches nur im von Ulf Kerber betreuten Wiki der PH Karlsruhe bekannt, das aber (noch) keine Einbettung der einzelnen Werkzeuge in konkrete Unterrrichtszenarien leistet. Auch um eine größere Reichweite zu gewährleisten und den weniger internetaffinen Kollegen an den Schulen und universitären Geschichtsdidaktikern die allgemeinen wie fachspezifischen Potentiale des „Web 2.0“ aufzuzeigen, wäre eine vergleichbare Publikation für den Geschichtsunterricht überaus wünschenswert.

Jürgen Wagner/ Verena Heckmann (Hrsg.), Web 2.0 im Fremdsprachenunterricht, Glückstadt 2012.

P.S. Besonders gut gefallen hat mir die Mehrsprachigkeit des Bandes mit Beiträgen in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Solche mehrsprachigen Publikationen sind mit Ausnahme weniger wissenschaftlicher Tagungs- und Sammelbände selten geworden. Aber auch hier erleichtert die Zielgruppe der Fremdsprachenlehrer die Publikationsform.

Geschichtsunterricht 2.0 und Archive 2.0 – Teil 3

Dritter und letzter Teil des Vortragsmanuskripts zur Tagung Archive 2.0 in Bloghäppchenform mit Verlinkungen

5. Durch die vereinfachte Verfügbarkeit von Informationen und medialen Inhalten sowie die Digitalisierung der jugendlichen Lebenswelten kommen Schülerinnen und Schüler auch immer wieder mit unterschiedlichsten Deutungsangeboten zur Geschichte in Kontakt. Sei es nun in Spielfilmen, Dokumentationen, Werbung, in der Wikipedia oder politischen Argumentationen. Das ist alles nicht neu, erhält aber eine wachsende Bedeutung und nun auch zunehmend Aufmerksamkeit der Geschichtsdidaktik. Der Geschichtsunterricht wird diese Elemente aufnehmen und weniger versuchen, Schüler zu Historikern auszubilden, sondern sie kompetent im Umgang mit den verschiedenen Formen der Geschichts- und Erinnerungskultur zu machen. Dabei geht es um aktive und kritische Teilhabe. Insgesamt wird dies eine Aufwertung der Bedeutung von Zeugnissen der aktuellen Geschichtskultur mit sich bringen, die bisher eine völlig untergeordnete Rolle spielen und z.B. in den Schulgeschichtsbüchern kaum vorkommen.

6. Die veränderte Aufgabenkultur und das Erstellen eigener Geschichtsprodukte unterstützen eine weitere Entwicklung, die zunächst vielleicht etwas widersprüchlich erscheinen mag: die wachsende Bedeutung von Lokal-/Regionalgeschichte für historisches Lernen in der Schule. Hier kann anschaulich und exemplarisch gelernt werden, ohne dass die Ergebnisse bereits fertig abrufbar im Netz stehen. Schüler auch können selbst Arbeiten und Beiträge leisten für die Geschichtskultur vor Ort.

Gesellschaftlich und politisch, letzteres bestimmt ja weiterhin die Vorgaben für die Curricula, geht die Entwicklung in eine stärkere Ausrichtung auf Europa und die Welt im Sinne einer verflochtenen Globalgeschichte als Bezugsrahmen. Das heißt, es kommt zu einem Rückgang der Dominanz einer nationalen Meistererzählung als Orientierung und Leitfaden des Unterrichts, der die viele Lehrpläne in Deutschland wie auch anderen europäischen Ländern weiterhin bestimmt.

Die beiden Entwicklungen scheinen zunächst widersprüchlich, sind es aber nicht. Sie sind vielmehr komplementär, sowohl im Sinne einer integrativen Geschichte vor dem Hintergrund zunehmender Migration als auch bei einer Didaktisierung der Globalgeschichte, in der es nicht um zusätzliche Inhalte, sondern um das Aufzeigen von Verflochtenheit geht. Um das nicht zu abstrakt, sondern altersgerecht zu machen, bietet sich die eigene Region als Ausgangspunkt an, nicht um die Besonderheiten und Leistungen, sondern um in einem transkulturellen Ansatz das Typische und die Verknüpfungen herauszuarbeiten:

in dem man [Zitat] „Prozesse interkulturellen Austauschs in der europäischen Geschichte in den Blick [nimmt], die über staatliche, nationale und kulturelle Grenzen hinauswirkten“ und „Europa als einen stets in Wandlung befindlichen Kommunikationsraum [zu beschreiben], in dem vielgestaltige Prozesse der Interaktion, Zirkulation, Überschneidung und Verflechtung, des Austauschs und Transfers, aber auch von Konfrontation, Abwehr und Abgrenzung stattfanden.“

Beispiele dafür liefern auf wissenschaftlicher Ebene das EGO-Portal (Europäische Geschichte Online) des Leibniz-Instituts aus Mainz, aus dessen Selbstdarstellung auch das obige Zitat stammt, sowie auf schulischer Ebene das Projekt Classroom4.eu [Seite existiert nicht mehr].

7. Dies alles bedingt eine Veränderung des Unterrichts mit einer Zunahme von offenen und projektartigen Formen mit einer Hinwendung zu mehr Verantwortung für die eigenen Lernprozesse durch die Lernenden. Die Ideen sind nicht neu, in ihren Ansätzen reichen sie oft über 100 Jahre zurück bis in die frühe Reformpädagogik. Wesentlich scheint aber, dass diese Formen heute zu der sich verändernden Lebens- und Arbeitswelt passen, an der sich Schule und Unterricht orientieren müssen. Zudem gibt es zwischen Formen offenen Lernens und Projektunterricht eine hohe Schnittmenge mit den Ideen und Möglichkeiten, die hinter den Begriffen von Web 2.o bzw. Social Media stehen. Die „Methode des Projektlernens und die Voraussetzungen des digitalen Zeitalters” (#pb21) passen gut zusammen. Lisa Rosa definiert als 4 wichtigsten Merkmale dieses Lernens: Lernen ist selbstbestimmt, personalisiert, kollaborativ und vernetzt.

Die Technik ist dabei aus schulischer Sicht der Didaktik nachgeordnet und hat einen unterstützenden Charakter, aber sie vereinfacht und ermöglicht diese Lernformen. Die Ausstattung der Schulen ist allerdings ein Hemmnis auf diesem Weg. Hier ist angesichts der knappen Kassen auch in der Breite keine Besserung in Sicht. Gleichzeitig ist aber zu beobachten, dass immer mehr Jugendliche eigene mobile Endgeräte (vor allem Smartphones, aber auch Tablets) besitzen, die sie in die Schule mitbringen und dort in der Regel aufgrund eines geltenden „Handy-Verbots“ nicht nutzen dürfen. Diese Geräte sind mittlerweile nicht selten schneller und leistungsstärker als die veralteten schulischen Computer. Für die Schulen stellt sich in den nächsten Jahren die Herausforderung auf didaktischer, organisatorischer und rechtlicher Ebene, diese mobile Endgeräte der Lernenden in den Unterricht und schulische IT-Infrastruktur zu integrieren.

8. Sollten die kurz skizzierten Entwicklungen zutreffen, so folgt in einer zugegebenermaßen sehr optimistischen Einschätzung eine insgesamt (wieder) höhere Bedeutung des Geschichtsunterrichts innerhalb des schulischen Fächerkanons. In den letzten Jahren ist es wiederholt zu Reduktionen der Stundenzahlen und Zusammenlegen mit anderen Fächern zugunsten anderer Fächergruppen gekommen. Die Aufwertung des Fachs liegt nicht in einem wie immer zu gestaltenden inhaltlichen Kanon, sondern im Erlernen von grundlegenden Kompetenzen für die Wissens-/Informationsgesellschaft, die das Fach bietet. Nur Geschichte, und das ist eines der Alleinstellungsmerkmale des Fachs, ist immer ausschließlich medial vermittelt. In einer digitalen, also vor allem medialen Welt darf sich das Fach Geschichte in der Schule auf die fachspezifischen Methoden und Inhalte konzentrieren und muss aber beginnen, deren gesellschaftliche Bedeutung zu kommunizieren.

Natürlich gibt es auch Faktoren, die den beschriebenen Entwicklungsmöglichkeiten entgegenwirken, So u.a.:

– Das Zentralabitur (nicht in Rheinland-Pfalz), das in der Oberstufe lokal-/regionalgeschichtliche Themen weitgehend verhindert, weil sie nicht abiturrelevant sein können, es sei denn die Region wird als Ebene des Bundeslandes verstanden.

– Die genannten Stundenkürzungen des Faches sowie das Zusammenlegen mit anderen Fächern und die Schulzeitverkürzung im Rahmen von G8. Lernen, und besonders komplexes historisches Lernen, braucht Zeit.

– Zu beobachten sind zudem seit einigen Jahren (europaweit) Tendenzen einer politischen Re-Nationalisierung, die einhergehen mit entsprechenden Forderungen an Geschichtsunterricht.

– Zur Zeit fehlt das Digitale noch weitgehend in der Lehreraus- und teilweise auch -weiterbildung. Jahrzehntelange Lehr- und Arbeitsroutinen unterstützen Abwehrhaltungen gegenüber digitalen Geräten in vielen Schulen, die oft noch fälschlich als reine Unterhaltungsmedien wahrgenommen werden, hohe Arbeitsbelastung, die nicht immer Zeit lässt, sich in Neues einzuarbeiten: Wandel benötigt Zeit und Arbeit.

zu 3) Wie könnten sinnvolle Angebote von Archiven 2.0 für den Geschichtsunterricht 2.0 aussehen?

Online-Angebote von Archiven, die über das Betreiben einer Internetseiten und das Bereitstellen von Informationen hinausgehen und im Sinne des Web 2.0 auf Öffnung, Austausch und Kommunikation ausgelegt sind, bieten Lehrkräften zunächst einmal vereinfachte Kontaktangebote. Die Chance, Lehrer so zu erreichen, ist relativ groß, da die meisten, wie beschrieben, zumindest privat soziale Medien nutzen und sich in der Regel auch über das Berufliche hinaus für Geschichte interessieren.

Allerdings findet man auch bei Facebook und Twitter vor allem das, was man sucht und bereits kennt. Zentrale Frage muss also sein, wie die Angebote der Archive bei Lehrkräften als einer Zielgruppe bekannt gemacht werden können. Abzuraten ist z.B. von Flyern und Wettbewerben – das ist nicht innovativ und Schulen werden davon regelrecht überflutet. Die meiste davon landet sofort im Mülleimer.

Wichtig ist die zeitaufwendige Pflege der Kommunikation, die eben nicht im Sinne einer „Faxmentalität“ beim Senden bzw. Veröffentlichen von Nachrichten stehen bleiben darf, sondern Gegenseitigkeit benötigt: Jeder Kanal ist ein Kommunikationsangebot. Wird darauf von Nutzern mit Fragen oder Bemerkungen eingegangen, verlangt das eine Antwort und Reaktion.

Das erwähne ich so ausführlich, weil gerade der Verband der Geschichtslehrer Deutschlands (VGD) mit seiner Social Media-Nutzung ein Beispiel dafür bietet, wie man es nicht machen sollte. Facebook und Twitter werden nur zum Verlinken von Nachrichten auf der Homepage genutzt. Nachfragen und Anregungen bleiben unbeantwortet. Das zeigt, dass auf Verbandsebene, und das ist vermutlich auf einen Großteil der Lehrkräfte verallgemeinerbar, das grundlegende Prinzip „sozialer“ Medien nicht verstanden ist.

Der Gang ins Archiv mit Schülern ist trotz der fantastischen Möglichkeiten für historisches Lernen in vielen Fällen schwierig. Das hat schulorganisatorische und gesellschaftliche Gründe (Thema: Unterrichtsausfall) Natürlich geht jede Schule anders damit um. Aber für eine große Zahl sind Online-Angebote eine große Chance, wenn natürlich die Arbeit mit digitalisierten Archivalien den Gang ins Archiv nie voll ersetzt.

Für Geschichtslehrer auf jeden Fall gewinnbringend ist es, wenn Archive Teilbestände digitalisieren und online unter Creative Commons-Lizenzen bereitstellen, evtl. mit kurzen Handreichungen. Die rheinland-pfälzischen Landesarchive hatten begonnen, eine Reihe ausgewählter Archivalien als Unterrichtsmaterialien aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen, das Projekt aber leider nach wenigen Monaten aus Mangel an Ressourcen abgebrochen.

Durch Web 2.0-Präsenzen von Archiven wird die Möglichkeit geboten und die Hemmschwelle gesenkt, hierzu Nachfragen zu stellen, und ergänzende Informationen einzuholen. Denkbar und sinnvoll erscheint umgekehrt aber auch gelungene Arbeiten von Schulen durch Verlinkung oder Präsentation auf den Archiv-Seiten aufzunehmen (recherchierte Informationen zu Fotos, digitale Themenkarten, Stadtrundgänge etc.) Die Weitergabe der Lernprodukte an das Archiv kann als Gegenleistung für das Bereitstellen der Materialien verstanden werden und bereichert dauerhaft das eigene archivpädagogische Online-Angebot. Schulische Produktionen sind so nicht mehr nur für Klassenraum, für Noten, Lehrer oder Schublade gedacht, sondern als längerfristig verfügbare Produkte für eine potentiell größere Öffentlichkeit.

Es ist allerdings nicht erwarten, dass gauf Online-Angebote von Archiven gleich viele Zugriffe von Schulen erfolgen. Die skizzierte Entwicklung braucht Zeit. Schulen als System, und Geschichtsunterricht als Teil dessen, sind schwerfällig und wandeln sich nur langsam.

Darüber hinaus lassen, wenn das auch mit höherem Aufwand verbunden ist, Projekte selbst initiieren. Allerdings werden Schulen, wie bereits gesagt, überhäuft mit Angeboten zu Schülerwettbewerben. Sich hier zu platzieren ist außerordentlich schwieirg. Um Schulen zu erreichen, auch im Zeitalter des Web 2.0, scheinen weiterhin persönliche Kontakte und Bindungen entscheidend. Dazu eignen sich Kooperationen mit regionalen Fachberatern oder Lehrerfortbildungsinstituten. Web 2.0 Angebote der eigenen Institution bieten im Anschluss die Chance lose Kontakt zu halten, der dann bei Bedarf einfacher reaktiviert werden kann.

Schließlich gibt es Möglichkeiten der Kooperation, die leider nicht immer gesehen werden. Als Beispiel sei hier der gerade erschienen „Stadtführer: Koblenz im Nationalsozialismus“ genannt, der ein Anknüpfen und Erweitern des kurz vorgestellten Google Maps-Projekts erlaubt hätte. Solche Projekte sind in vielfältiger Art und Weise möglich und können von Schulen und Archiven gemeinsam angegangen oder doch zumindest unterstützt werden z.B. regionale Stadt-Wiki-Projekte, virtuelle Ausstellungen, z.B. der 1. Weltkrieg in eigener Region/Stadt mit Beteiligung verschiedener Schulen/Klassen oder Geocaching-Projekte, die über das Digitalisieren bestehender Infostelen in der Stadt hinausgehen.

Natürlich sind solche Projekte aufwendig und sprengen oft den Rahmen der regulären Arbeit. Das gilt für beide Seiten.  Sowohl Archiv als auch Schule können in mehrfacher Hinsicht von solchen Kooperationen profitieren:

– als archivpädagogische Angebote sind die Ergebnisse längerfristig online, und verschwinden nicht in der Schublade, sondern können von anderen genutzt werden;

– Archive erschließen sich neue Nutzergruppen und zeigen sich als offene Einrichtungen des Kulturerbes;

– beiden Partner gelingt über die Kooperation das Herstellen einer größeren Öffentlichkeit für die Ergebnisse der eigenen Arbeit.

Einschränkend ist zu sagen: Es ist schön projekt- und produktorientiert zu arbeiten, aber wer liest bzw. nutzt die erstellten Produkte? Nur die Veröffentlichung auf einer Interetseite erzeugt noch kein Publikum. Von Beginn an ist daher bei der Planung und Durchführung Zielgruppe zu berücksichtigen. Das Herstellen einer Öffentlichkeit ist ebenso zentral wie schwierig, weil Aufmerksamkeit begrenzt und hart umkämpft ist. Kooperation und Vernetzung sind hilfreich, weil sie die Chancen für Schneeballeffekte bzw. virale Verbreitung erhöhen.

Schule 2.0 ist ebenso selten wie umstritten wie Archive 2.0. Die Argumente der Debatten ähneln sich dabei (u.a. keine Zeit, andere Aufgaben, rechtliche Fragen). Aber Schulen müssen sich ändern. Für Archive kann ich das nur vermuten und das wird sicherlich in den zwei Tagen hier noch intensiv diskutiert werden. Die skizzierten Ideen sind als Chance zu begreifen. Sie können zu einer wohl für Archive ebenso wie für Schulen aus meiner Sicht wünschenswerten Öffnung beider Institutionen wesentlich beitragen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Geschichtsunterricht 2.0 und Archive 2.0 – Teil 2

Teil 2 des Vortragsmanuskripts zur Tagung Archive 2.0

Wer das Netz privat und beruflich auf diese Weise nutzt, also einen beruflichen und/oder fachlichen Gewinn sieht, versucht diesen auch für Schüler gewinnbringend im Unterricht zu integrieren. Wie das in Praxis aussehen kann, möchte ich an drei Beispielen aufzeigen:

 – In Koblenz sind vor rund zwei Jahren aus einem Projekt mit einer 10. Klasse eine Google Maps Karte zur Geschichte der Stadt Koblenz im Nationalsozialismus sowie eine dazugehörige Handreichung für Lehrkräfte entstanden. Aktuell läuft ein Geocaching-Projekt zur Gründung und den ersten Jahren des Landes Rheinland-Pfalz in Koblenz. Die von Schülern eines 11er Leistungskurses Geschichte erstellten Caches werden in den nächsten zwei Wochen online gestellt.

– Digital storytelling: Das Erstellen von Geschichts-Videos durch Lehrkräfte oder Lernenden (z.B. Alexander der Große? am Theodor Heuss Gymnasium Sulzbach)

– Wikis als interaktive Online-Schulbücher zur Förderung propädeutisch wissenschaftlichen Arbeitens in der Oberstufe (z.B. classroom4.eu)

Das sind sicher noch erste Versuche, Arbeit mit digitalen Medien nicht nur punktuell, sondern dauerhaft in den regulären Unterricht zu integrieren. Es handelt sich dabei also nicht um außergewöhnliche Projekte nach Notenschluss am Schuljahrsende. – Das scheint mir wichtig festzuhalten. Aufbauend auf diesen und anderen Beispielen will ich versuchen, gemeinsame Merkmale herauszuarbeiten und – auch, wenn man sicher damit vorsichtig sein – mögliche Entwicklungen des schulischen Geschichtsunterrichts aufzuzeigen.

Unter Punkt 2) folgt nun also ein Blick auf Veränderungen des Geschichtsunterrichts unter Bedingungen der digitalen Welt. Das ist im Zusammenhang mit der Fragestellung deshalb wichtig, weil Angebote von Archiven sich nicht an kurzfristigen Moden orientieren können, sondern aufgrund des damit verbundenen Aufwands immer längerfristig ausgerichtet sein müssen. Die beschriebenen Entwicklungen sind nicht trennscharf, sondern besitzen teilweise Überschneidungen und starke Interdependenzen.

Acht Entwicklungstendenzen des Geschichtsunterrichts – Oder wie sich der Geschichtsunterricht unter den Bedingungen der Digitalisierung verändert.

 1. Veränderte Aufgabenkultur

Die ubiquitäre Verfügbarkeit von Informationen muss zu veränderten Aufgaben führen. Wenn ich eine Antwort in wenigen Sekunden googlen kann, dann ist nicht Google schlecht, sondern die Aufgabenstellung. Damit einher geht die Entwicklung in Richtung Kompetenzorientierung des Unterrichts. Das heißt nicht, dass es keine Inhalte mehr geben wird oder dass nichts mehr auswendig gelernt werden würde, aber es bekommt eine andere Funktion.

Das lässt sich mit dem Lernen einer Fremdsprache vergleichen: Jahreszahlen, Namen sind wie Vokabeln, die Kompetenzen bieten eine Art Grammatik, die das sinnvolle Verknüpfen von Daten und Namen zu einer Geschichte ermöglicht. Wenn ich in einem Gespräch im Ausland jede Vokabel nachschlagen muss, kommt kein Gespräch zustande: Das gilt in Analogie auch für Geschichte.

Was sich verschiebt sind die Schwerpunkte der Aufmerksamkeit, die nun viel stärker auf die Konstruktion von Geschichtserzählungen gerichtet ist und dafür muss der Geschichtsunterricht das Handwerkzeug liefern.

2. Narrativität als zentrale Kategorie bzw. De-/Rekonstruktion als Vorgehensweisen des Unterrichts

Der Geschichtsunterricht wird noch weniger als bisher auf 1-Wort-Antworten oder das Nennen von Jahreszahlen zielen, sondern das Verfassen eigener Geschichtsdarstellungen als Form der Re-Konstruktion sowie die De-Konstruktion bestehender Narrationen in den Mittelpunkt stellen.

Mit der Digitalisierung stehen nun neue mediale Formen von Quellen und Darstellungen zur Verfügung, die zudem viel leichter zugänglich sind. Letztlich erweitert die Digitalisierung auch die Ausdrucksmöglichkeiten der Schüler (Lehrer sprechen hier auch von Lernprodukten). Die Schülerinnen und Schüler sind nicht mehr darauf beschränkt, sich mündlich, schriftlich in einer Klausur, einer Wandzeitung oder einem Hefteintrag zu äußern, hinzunkommen nun selbst erstellte Videos auf Youtube, Tweets, Wikis, Blogs usw. Die Reichweite von Schülerbeiträgen war im Alltag bis auf wenige Ausnahmen auf die Klassen-, mit kleinen Ausstellungen im Foyer vielleicht noch die Schulgemeinschaft limitiert. Diese Grenzen werden nun aufgehoben. Es stellt sich allerdings immer jeweils die Frage nach einem möglichen Zielpublikum für die Schülerproduktionen, aber das ist ein anderes Thema.

3. Schülerinnen und Schüler haben nun – wie alle anderen Menschen, im Sinne des mit Schlagwort ‚Web 2.0‘ bezeichneten Phänomens der selbst erstellten Inhalten – neue, veränderte und erweiterte Ausdrucks- und Veröffentlichungsformen: Einfach und ohne weitere Kosten können nun multimediale Geschichtsdarstellungen erstellt und veröffentlicht werden (digital storytelling). Schülerinnen und Schüler können sehr einfach zur Begleitung oder als Ergebnis ihres Lernprozesses ein Blog, Wiki oder ein Quiz/Spiel erstellen, ein Podcast oder Video aufnehmen und aus dem Klassenraum heraus öffentlich zugänglich machen.

4. Damit einher geht eine veränderte Bedeutung des Schulbuchs für den Unterricht. Vom Leitmedium des Geschichtsunterrichts als Lesebuch und Nachschlagewerk wird das Schulbuch zu einem Arbeitsmittel bei wachsender Bedeutung anderer Materialien, wie vor allem Open Educational Resources, die auch für das Erstellen eigener Lehr- (auf Lehrerseite) und Lern-Produkte (auf Schülerseite) ermöglichen.

Für Geschichte bietet sich bereits jetzt ein riesiger und immer weiter wachsender Fundus an z.B. freien Bildquellen und Kartenmaterial in den Commons der Wikimedia aber auch auf Flickr, wo in beiden Fällen Archive und Museen dazu beigetragen haben, die Sammlungen deutlich zu vergrößern. Diese Angebote wie auch die lokaler und regionaler Einrichtungen scheinen wenig bekannt bei den Lehrkräften. Was sich mit unter Creative Commons lizenzierten Materialien bereits heute urheberrechtlich einwandfrei gestalten lässt von Arbeitsblättern über interaktive Aufgaben bis hin zu eigenen Videos, zeigt eindrucksvoll das Segu-Projekt am Historischen Institut der Uni Köln.

Geschichtsunterricht 2.0 und Archive 2.0 – Teil 1

Manuskript meines Vortrags vom 22.11. auf der Tagung „Offene Archive? Archive 2.0 im deutschen Sprachraum (und im europäischen Kontext)“ in Speyer (Prezi zum Vortrag siehe hier). Leider konnte ich nur an einem der beiden Tage teilnehmen, fand die Beiträge und Diskussion auch als Außenstehender auf der gut organisierten Tagung aber als sehr anregend. Besonders die Beispiele aus Frankreich und den Niederlanden, wo Nutzern Vertrauen geschenkt und Verantwortung übertragen wird, haben mich sehr beeindruckt. Ohne Anmeldung oder Registrierung kann in beiden Fällen direkt auf den Archivseiten mitgearbeitet werden. Interessant war die Nachfrage von deutschen Teilnehmern nach Fällen Vandalismus, die beide Referenten zunächst nicht zu verstehen schienen und dann nur übereinstimmend erklären konnten, dass so etwas noch nicht vorgekommen sei. Was ich daraus gelernt und von der Konferenz mitgenommen habe: Social Media ist vor allem eine Frage der Einstellung. Und das lässt sich auch auf das Lernen und Arbeiten in der Schule übertragen!

Mein Vortrag steht unter der Frage: Was erwarten Geschichtslehrer von Archiven 2.0?

Geht man davon aus, dass Geschichtslehrkräfte dafür beruflich als aktive Nutzer im Web 2.0 unterwegs sein müssten, ist die Frage sehr einfach zu beantworten:

Sie erwarten nichts.

Das wäre aber zu einfach. Eingeladen wurde ich, um eine schulische Perspektive zu geben. Einschränkend muss ich sagen: Die Bedingungen und Möglichkeiten archivischer Arbeit kenne ich nur aus einer sehr vagen Außensicht. Deshalb mag das ein oder andere vielleicht unrealistisch oder überzogen sein, aber so können Erwartungen nun einmal sein. Die sicher nicht ganz einfache Aufgabe zu beurteilen, was umsetzbar und realistisch ist, bleibt Ihnen überlassen und hängt vermutlich sehr stark vom einzelnen Archiv ab.

Mein Beitrag gliedert sich in drei Teile:

1) Zunächst möchte ich einen kurzen Einblick geben, wie Geschichtslehrer das Internet zur Zeit nutzen.

2) Danach werde ich versuchen eine Prognose zu wagen und zu beschreiben, wie sich der Geschichtsunterricht durch digitale Medien verändern könnte

3) Abschließend soll ein Ausblick stehen, der die beiden Perspektiven mit dem Thema der Tagung zusammenführt: Wie könnten sinnvolle Angebote von Archiven 2.0 für den Geschichtsunterricht 2.0 aussehen?

zu 1)

Die meisten Lehrkräfte, und damit auch der Geschichtslehrer, nutzen das Netz wohl im Web 1 Punkt 0 – Modus, das heißt vor allem zur Informationsentnahme. Für fast alle Lehrkräfte gehört der PC mit Internetanschluss zur selbstverständlichen Ausstattung ihres heimischen Schreibtischs. Ich sage fast alle, da vor kurzem noch Kopien von Matritzenvorlagen aus dem Jahr 1982 in Schulen gesichtet wurden. Lehrer nutzen Computer und Internet zur Unterrichtsvorbereitung: Sie schlagen Begriffe und Jahreszahlen in der Wikipedia nach, suchen Anregungen in veröffentlichten Unterrichtseinheiten, fertige Arbeitsblätter, Quellen und Darstellungstexte für den Einsatz im Unterricht.

Im Unterricht eingesetzt wird der Computer hingegen selten. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Falls die Schüler mal mit dem Internet arbeiten sollen, handelt es sich in der Regel um eine einfache Internetrecherche: „Informiert euch über… .“, was in mehrfacher Hinsicht problematisch  ist. Weitgehend gängig dürfte auch das situative Nutzen von mobilen Endgeräten der Schüler im Unterricht sein. Während eine große Mehrheit der weiterführenden Schulen auf ein mehr oder minder restriktives „Handy“-Verbot (darunter fallen in der Regel alle Arten mobiler elektronischer Geräte vom Mp3-Player bis zum Laptop) setzen, scheint es selbst für weniger technikaffine Lehrer kein Problem, in Einzelfällen bei einer ad hoc auftauchenden Frage den Gebrauch im Unterricht zuzulassen, um einzelne Informationen (Daten, Namen etc.) nachzuschlagen.

Während alle Schüler wie auch viele Lehrer soziale Netzwerke privat nutzen, scheint noch eine Mehrheit der Geschichtslehrer davon überzeugt zu sein, dass diese in der Schule nichts zu suchen haben, keinen Mehrwert für ihre eigene Arbeit und keine sinnvollen Einsatzszenarien für (historisches) Lernen bieten.

Soweit zur Mehrheit. Daneben gibt es eine wachsende Zahl von Lehrkräften, die das Internet aktiv auch zur Kommunikation, zum fachlichen Austausch, zur Produktion und Publikation nutzt. Und das in verschiedener Weise: öffentlich oder in geschlossenen Gruppen, alleine oder zum Austuausch mit Kollegen, eben auch über Schul- und Landesgrenzen hinaus. Dass sich in etwas tut, zeigen auch die beiden für das kommende Jahr angekündigten Konferenzen: geschichte lernen digital Anfang März in München und Nutzung digitaler Medien im Geschichtsunterricht im Mai 2013 in Salzburg.

Twittern in Schule und Universität

Mareike König hat vor einer auf dem Redaktionsblog von de.hypotheses.org in einem kurzen Beitrag einige einführende (Online-) Texte zusammengestellt, die in ihrer Mehrzahl Erfahrungsberichte und Unterrichtsanregungen für den Einsatz von Twitter in Schulunterricht oder Hochschulveranstaltungen geben.

In einem Kommentar habe ich noch ein paar Hinweise speziell zu Twitter im Geschichtsunterricht ergänzt.

In Ermangelung der Kenntnis anderer Projekte oder Erfahrungsbeschreibung sind die Links zugegebenermaßen leider weitgehend selbstreferentiell. Ähnlich wie beim Social Bookmarking kann es natürlich sein, dass im deutschsprachigen Raum weniger ausprobiert (oder zumindest weniger über die eigene Unterrichtspraxis öffentlich und laut nachgedacht – der recht erfolgreiche Aufruf zur Blogparade von Herrn Larbig deutet allerdings daraufhin, dass genau das, also das Reflektieren der eigenen Praxis, ein wesentlicher Schreibimpuls für die bloggenden Lehrkräfte ist) wird.

Nichtsdestotrotz vermute ich, dass der ein oder andere Kollege in letzter Zeit mal mit Twitter experimentiert hat und würde mich über entsprechende Hinweise freuen: die guten und die schlechten Erfahrungen können nur zu Verbesserung der eigenen Praxis beitragen – der Praxis dessen, der schreibt und dessen, der liest.

Ausflugstipp: Archäologiepark Martberg

Haupttempel: Rekonstruktion eines der Gottheit Lenus-Mars gewidmeten, gallo-römischen Umgangstempels aus dem 3. Jh. n. Chr.

Der Beitrag liegt nicht völlig, aber doch schon am Rand der in diesem Blog behandelten Themen. Ich muss aber zugeben, dass mich der Ort sehr beeindruckt hat und ich das gerne weitergeben möchte. Wer also irgendwo zwischen Köln, Aachen, Trier und Mainz wohnt, findet hier vielleicht einen Ausflugstipp für eines der kommenden langen Wochenenden. Also passt der Beitrag so kurz vor Pfingsten eigentlich ganz gut.

Innenansicht des rekonstruierten Tempels mit anderen Fundorten „nachempfundenen“ Wandmalereien

Der „Archäologie-Park“ liegt oberhalb der Moselorte Pommern und Treis-Karden, wo sich im letzteren auch ein Museum mit Fundstücken von den Ausgrabungen auf der Anlage befindet. Oben auf dem Berg sind kaum Objekte ausgestellt, dafür gibt es seit 2006 dort die (Teil-) Rekonstruktion einer keltisch-römischen Tempelanlage sowie eines keltischen Wohnhauses zu sehen. Das Heiligtum fußt auf einer keltischen Anlage, die in der Mitte eines oppidums der Treverer lag, das sich dort seit ca. 100 v. Chr. befand. Während sich die Siedlung im 1. Jahrhundert n.C. an den Fuß des Berges unten an die Mosel verlagerte (Cardena, das heutige Karden), wurde das Heiligtum weiter genutzt. Aufgegeben wurde der Tempel in der Mitte des 5. Jahrhunderts. Bis letztes Jahr fanden vor Ort auch noch Grabungen statt.

Mehr noch als die rekonstruierten Gebäude haben mich Lage und Umgebung begeistert. Wir haben bei einem Ausflug vor ein paar Wochen gute 1,5 Stunden  oben im Gelände verbracht. In der Zeit waren an diesem wirklich schönen Sonntag neben uns nur 4-5 weitere Besucher vor Ort. Es war also nicht besonders schwer diese menschenleeren Fotos zu machen.

Rekonstruktion eines keltischen Wohnhauses in Fachwerkbauweise

Der Jahresbericht des Fördervereins führt für 2011 „hohe Gästezahlen 8über 2000)“ auf. Ich denke, der Ort verdient mehr Besucher (nicht zuletzt auch wegen des leckeren, selbst gemachten Kuchens in dem kleinen Café! ;)) und er kann auch noch deutlich mehr Besucher vertragen, ohne den Charme seiner Abgeschiedenheit zu verlieren.

Grundrisse eines weiteren gallo-römischen Umgangstempels und Teilrekonstruktion der Außenmauer der Anlage

Blick ins Moseltal vom Aussichtspunkt Fahrlei

Oben auf dem Plateau stören nur die Strommasten die Idylle. Diese sollen in den nächsten Jahren zurückgebaut und durch Bodenleitungen ersetzt werden. Zu erreichen ist die Anlage nur zu Fuß. Allerdings ist von der Mosel an den Wochenenden neuerdigns auch ein kleines Shuttle eingerichtet.

Für Schulen ist der Martberg sicher auch im Hinblick auf Exkursionen, Wander- oder Projekttage interessant. Für Klassen gibt es ein ganztägiges Programm, das u.a. auch ein römisches Mittagessen umfasst und pro Schüler allerdings auch 16€ kostet.

Weitere Infos zur Anlage, Öffnungszeiten etc. finden sich auf der Homepage.

Wer gerne Geocachen geht, kann sich dem Archäologiepark auch mit einem schön gemachten Multi-Cache nähern und so zugleich noch ein bisschen über die Umgebung erkunden.

Keramikbrennofen und Rekonstruktion eines keltischen Speichergebäudes aus dem 1. Jh. v. Chr.

Anne Franks Amsterdam

Basierend auf der gleichnamigen Internetseite hat das Anne Frank Haus in Amsterdam nun eine App für alle Betriebssysteme herausgebracht, mit der man Amsterdam auf den Spuren Anne Franks entdecken kann. Die App ist in drei Sprachen: Deutsch, Englisch und Niederländisch verfügbar. Der Weg durch die Stadt dauert mit dem Rad ca. 2,5 Stunden.

Zu Anne Franks Leben und Geschichte gibt es bereits gut ausgearbeite Materialien für das interaktive Whiteboard sowie bereits länger eine virtuell begehbare 3D-Version des berühmten Hinterhauses.