Entwicklung einer GeschichtsApp. App in die Geschichte – lessons learned

Über die GeschichtsApp habe ich im Blog bereits mehrfach berichtet. Der Startpunkt liegt nun schon fast anderthalb Jahre zurück und zur Zeit sind wir dabei ein Folgeprojekt zu planen, um die Bedienung der vorhandenen Funktionen verbessern sowie neue Werkzeuge entwickeln zu können. Mir scheint das ein guter Zeitpunkt, um festzuhalten, was ich bei dem Projekt  gelernt habe, was sich mir an Fragen stellt oder was ich im Nachhinein auch lieber anders gemacht hätte. Vielleicht kann der eine oder die andere von den Überlegungen für eigene Projekte profitieren. Meine Gedanken stelle ich einfach mal ungeordnet als einzelne Punkte zur Diskussion. Nachfragen sind natürlich jederzeit, z.B. über die Kommentarfunktion hier im Blog, möglich.

GeschichtsApp– Mich überrascht, dass weiterhin ein vergleichsweiser großer Erklärungsbedarf bezüglich des Ansatzes von ¨App in die Geschichte¨ gibt. Es gibt bereits einige, oft orts- und/oder institutionsgebundene, Geschichtsapps, die alle Inhalte zur Vermittlung über eine App aufbereiten, ob nun das Informationen zur Institution, zur aktuellen Ausstellung, zur Geschichte des Ortes oder eine Aufbereitung als Quiz oder Comic für jüngere Zielgruppen ist. Das Prinzip bleibt das Gleiche: Inhalte werden vermittelt, Interaktivität beschränkt sich auf das Angebot unterschiedlicher Klickwege oder Rätsel z.B. Multiple-Choice-Format. Die Interaktion der Nutzer miteinander wird ebenso wenig unterstützt wie das Erstellen, Bereitstellen und Teilen eigener (Lern-) Produkte in aktiver Auseinandersetzung mit den dargebotenen Inhalten.

Das Prinzip von ¨App in die Geschichte¨ basiert hingegen auf der Idee, den Nutzern Werkzeuge zum Lernen bereitzustellen, mit denen jedes (historische) Thema bearbeitet werden kann. Für mich ist das ein naheliegendes Konzept, für viele scheint das schwer zu verstehen, weil sie immer von spezifischen Inhalten (in der Schule auch gerne „Stoff“) aus denken. Die Werkzeuge der GeschichtsApp sind thematisch offen und können also in verschiedenen Kontexten eingesetzt werden. Das macht die App sehr flexibel einsetzbar, während die übrigen existierenden Geschichtsapps nur am jeweiligen Ort oder zum vermittelten Thema genutzt werden können.

In Analogie kann man auch an Stift und Papier denken. Auch sie können als Werkzeuge des Lernens verstanden werden mit ihren spezifischen Möglichkeiten und Begrenzungen. Die Idee der App-Entwicklung war Werkzeuge zum historischen Lernen zu entwickeln, die mobil und digital die Möglichkeiten erweitern.Diese müssen dann von den Lernenden und/oder von den Lehrenden situationsadäquat und sinnvoll im Lernprozess genutzt bzw. eingesetzt werden.

– Voraussetzung für die (sinnvolle) Nutzung der App ist die Zusammenarbeit von Archiv und Schule. Archive stellen digitalisierte Archivalien bereit, mit denen Schülerinnen und Schüler vor Ort arbeiten. Dies hat sich als offensichtlich große Hürde erwiesen. Mit den aktuellen Digitalisaten in der App lässt sich sehr gut in Koblenz, aber nicht in Hamburg, Dresden oder Ulm arbeiten. Es scheint aber schwierig zu sein, es bedeutet auch vorbereitenden Zeit-, Arbeits- und Abstimmungsaufwand, lokal oder auch regional ein Archiv und zugleich eine oder mehrere Schulen bzw. einzelne Lehrkräfte zu finden, die mit der App arbeiten wollen. Es gibt bislang vereinzelte Archive, die Digitalisate über die App bereitstellen wollen, denen aber eine Schule fehlt und umgekehrt. Die Voraussetzung der Kooperation für eine umfassende Nutzung aller angebotenen Funktionen scheint eine vergleichsweise große Hürde zu sein.

– Zentrales Problem aller App-Projekte ist die Finanzierung. Für die Entwicklung solcher offener Werkzeuge gibt es in der Regel keine Gelder. Es fehlt ein zuständiger Ansprechpartner. Anders sieht das für inhaltsgebundene Apps aus: Hier zahlt die jeweilige Institution, auch für die entsprechenden historischen Jubiläen (z.B. 1914, 1945, 1989) werden Gelder zur Entwicklung digitaler Angebote freigesetzt. Die geförderten Produkte sind in ihrer Umsetzung aber oft sehr traditionell und wenig innovativ. Finanzierungsmöglichkeiten für die Entwicklung offener digitaler Werkzeuge oder ganzer Werkzeugkästen können sich ergeben, wenn man sein Projekt thematisch einbettet – wobei diese Verbindung letztlich nur beispielhaft ist. Die einmal erstellten digitalen Werkzeuge könnten dann in der Folge auch mit anderen Inhalten und in anderen thematischen Zusammenhängen genutzt werden. Daraus ergibt sich allerdings ein weiteres Problem: die Finanzierung der dauerhaften Speicherung, Pflege und Wartung der App inklusive der Nutzerbetreuung bei technischen Problemen, Nachfragen usw., die bei inhaltlich geschlossenen und/oder zeitlich begrenzten Angeboten (z.B. für die Wechselausstellung eines Museums) keine Rolle spielen.

– Einen Punkt, den wir unterschätzt haben und der im gesetzten finanziellen Rahmen auch nicht möglich war , ist der zeitliche und finanzielle Umfang der – ggf. mehrstufigen, mit schrittweiser Ausweitung der Nutzerkreise – Testphase. Wer die ¨App in die Geschichte¨ ausprobiert hat, weiß wovon ich schreibe. Die zum Teil umständliche und nicht selbst erklärende Bedienbarkeit ist ein Resultat dessen. Das vorhandene Geld ist in die Programmierung und in die Beseitigung von Programmierfehlern geflossen. Darüber hinaus hat die Programmiererin noch vieles korrigiert und verbessert, was wir an frühen Rückmeldungen bekommen haben. Nichtdestotrotz ist eine recht lange Liste von Verbesserungswünsche gerade im Bereich der Klickwege und der sonstigen ¨Usability¨ geblieben, die hoffentlich im Rahmen eines Folgeprojekts überarbeitet werden können. Gerade weil die App auf die Content-Produktion durch ihre Nutzer ausgerichtet ist, muss eine lange Testphase der Öffnung für die Allgemeinheit vorausgehen, wo in enger Zusammenarbeit motivierter Erstnutzer, von denen neben der Nutzung auch Geduld, Fehlertoleranz und Rückmeldungen erwartet werden, mit den Programmierern liegen. Ein schlecht bedienbare oder gar fehlerhafte App schafft sonst ggf. viel Frust bei interessierten Nutzern, die ein ¨fertiges¨ Produkt erwarten.

– Bei der Entwicklung der ¨App in die Geschichte¨ haben wir – gar nicht einmal absichtlich, es hat sich so ergeben – mit einem sehr kleinen Kernteam (Müller, Kiefer, Bernsen) gearbeitet. Das bringt viele Vorteile mit sich: kurze Kommunikationswege, klare Aufgabenverteilung, schnelle Abstimmungen und Entscheidungen. Ich persönlich würde aber dennoch ein größeres Team bevorzuegen. Im Projekt war ich der einzige Didaktiker und Lehrer, kollegialen Austausch hätte ich mir an einigen Stellen gewünscht und möchte ich in einem möglichen Folgeprojekt nicht missen. Aber das ist sicher auch eine Typfrage. Es gibt sicher Kollegen, die didaktische und methodische Fragen lieber im Einzelkämpfer-Modus entscheiden. Man munkelt ja, dass dieser Typ Lehrer besonders an Gymnasien weiterhin verbreitet sein soll. Mir persönlich scheint Teamarbeit mit breit gestreutem Kreis an Beteiligten am Ende weniger fehleranfällig zu sein und damit zu besseren Ergebnissen zu führen.

– Bei jedem weiteren Projekt, in der es um die Entwicklung von Lernmaterialien und -werkzeugen geht, würde ich von Anfang an interessierte Jugendliche einbinden, die in ihrer Rolle als Schülerinnen und Schüler ja schließlich die Hauptzielgruppe sind. Wir haben bei der ¨App in die Geschichte¨ Schüler in der allerersten Testphase zum Einsatz der App einbezogen. Die Rückmeldung, die aus beiden Klassen kamen, waren überaus reflektiert und differenziert. Einiges von dem, die Schülerinnen und Schüler rückgemeldet haben, konnte tatsächlich auch noch umgesetzt werden. Die Auseinandersetzung mit der App, ihrer Nutzung und damit auch mit dem eigenen Lernen waren zudem auch für den Unterricht eine Bereicherung. Bei einer Mitarbeit von Jugendlichen von Anfang an, sähe das Produkt heute sicher anders aus. Einschränkend gilt es allerdings zu bedenken, dass nach meiner Beobachtung viele Schülerinnen und Schüler sehr traditionelle Lernkonzepte mitbringen bzw. von der Schule erwarten oder von dieser bestätigt bekommen (für den Geschichtsunterricht z.B. das Erlernen von Jahreszahlen als zentrale Aufgaben und die sonstige Qualifikation als ¨Laberfach¨). Das Erstellen einer App zum Selbstbeschriften von Lernkärtchen mit Jahreszahlen und Ereignissen mag von einigen Schülern gewünscht werden, ist aber nicht nur weil es solche Apps bereits gibt, nicht der richtige Weg. Es gilt vielmehr gemeinsam neue Wege zu denken, das Potential digitaler Medien und mobiler Endgeräte möglichst weit auszuschöpfen, um sie anschließend ausprobieren und auswerten zu können.

– Zuletzt noch der Hinweis auf die Problematik der Lizensierung bzw. der Rechte sowohl bei den digitalisierten Dokumenten, die als Lern- und Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt wird, als auch bei den von den Nutzern erstellten (Lern-) Produkten. Ursprünglich sollten die Produkte wie Fotos und Zeitleisten alle öffentlich sein und damit für jeden einsehbar. Das verlangt aber eine Prüfung der Inhalte vor der Veröffentlichung, besonders dann, wenn, wie bei der App, auch andere Dateien, z.B. fremde Bilder, hochgeladen und in die Produkte eingefügt werden können. Dies konnten und können wir redaktionell nicht leisten und haben uns deshalb entschieden, dass die Produkte der Lernenden nur in der geschlossenen Umgebung der jeweiligen Lerngruppe geteilt werden können. Hier wären Export- und Publikationsfunktionen auf jeden Fall noch wünschenswert, so dass z.B. erstellte Zeitleisten auch auf der Homepage der Schule oder in einem Wiki der Klasse eingebettet oder von anderen Nutzern weiterverwendet und verändert werden können. Die sich dabei ergebenden rechtlichen Probleme sind allerdings erheblich und zumindest in Deutschland im Moment nicht einfach zu lösen.

„Mit der App ist der Unterricht noch interessanter geworden und es hat Spaß gemacht mit der App zu arbeiten.“

Zusammenfassung der Ergebnisse einer Schülerbefragung zum Unterrichtseinsatz der App in die Geschichte:

Die Schülerinnen und Schülern, die die App erstmalig im Unterricht am Eichdorff-Gymnasium Koblenz ausprobiert haben, nannten als positive Lernerlebnisse:

  • Geschichtliche Ereignisse aus der Umgebung entdecken und verstehen zu können
  • Das Gefühl, im Unterricht etwas zu gestalten bzw. selbst zu erstellen und nicht nur passiv zuzuhören
  • Der Wunsch nach mehr Unterrichtsstunden in diesem Fach sowie
  • nach einem häufigeren und intensiveren Einsatz solcher (neuer) Unterrichtsanwendungen.

Im Auftrag der INA hat die FactWorks GmbH Berlin eine Online-Befragung unter den Schülern zweier Pilotklassen (42 Teilnehmer) durchgeführt. Es erfolgte je eine Befragung, deren Teilnahme freiwillig war, vor und nach dem App-Einsatz, der im zweiten Schulhalbjahr 2013/2014 stattfand.

Die Schüler wurden durch die Arbeit mit der App nicht nur für das Fach Geschichte motiviert, sondern auch zu konkreten Verbesserungsvorschlägen und Ideen für die Weiterentwicklung der App angeregt, wie z.B. „mehr Spiele“, „mehr Themen“ und verbessertes Design.

 

App in die Geschichte – Trailer auf youtube

Im Rahmen der Aktion Tagwerk haben Schülerinnen und Schüler einer 10. Klasse am Eichendorff-Gymnasium einen kurzen Film zur GeschichtsApp erstellt. Die meiste Arbeit hat dabei Jannis Both geleistet, auf dessen Youtube-Kanal der Film aktuell zu sehen ist.

Die GeschichtsApp ausprobieren: Kurzanleitung – erste Schritte

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Um die Funktionen der WebApp auszuprobieren, registriert man sich zunächst als Lerner unter folgender Seite: http://app-in-die-geschichte.de/student/register

Die Anmeldung ist möglichst einfach gehalten und für den Schulgebrauch ausgelegt. Es können ein selbst gewählter Name sowie ein Passwort eingegeben werden. Anschließend lässt sich die WebApp nutzen. Weitere Daten werden von den Nutzern nicht abgefragt.

Nach dem Einloggen mit den selbst erstellten Zugangsdaten auf der entsprechenden Seite können sowohl das Tagging Game, das Mapping Game wie die Zeitleistenfunktion genutzt werden. Wer die WebApp als einzelner Lerner und nicht mit einer Gruppe z.B. innerhalb einer Schulklasse nutzt, nimmt als Einstieg für die beiden Spiele als Ausgangsbasis am besten immer das App-Archiv mit den digitalisierten Quellen.

2014-05-04_232334Dort können über unterschiedliche Zugänge die aktuell fast 80.000 digitalisierten Quellen durchsucht werden. Die jeweils letzte Suchanfrage wird gespeichert. Klickt man nun auf das Tagging Game, kann man diese durch die Suchanfrage definierte Gruppe von Digitalisaten spielerisch verschlagworten.

2014-05-04_232533Dabei stehen zwei verschiedene Spiel-Modi zur Verfügung. Die einfache Verschlagwortung, bei der es für jedes richtige Schlagwort einen Punkt gibt, sowie den Tabu-Spiel-Modus. Im letzteren sind nur Quellen verfügbar, denen mindestens bereits fünf Schlagworte zugeordnet sind. Daher kann es vorgenommen, dass je nach Suchanfrage dort keine Quellen verfügbar sind. Die bereits vergebenen Schlagworte werden angezeigt und dürfen nicht mehr angegeben werden, dafür gibt es für jedes weitere richtige Schlagwort fünf Punkte.

Die Punktwertungen werden dem Nutzer gut geschrieben. Die 30 besten Nutzer der WebApp erscheinen mit ihrem gewählten Namen in der HighScore.

Aufgrund der Entwicklung der App sind zur Zeit ausschließlich Digitalisate aus Archiven in Koblenz und Linz am Rhein vorhanden. Für lokale Quellen aus der eigenen Stadt muss man selbst z.B. in den Wikimedia- oder Flickr-Commons suchen und kann die Digitalisate im eigenen Konto unter „Meine Dateien“ rechts oben hochladen.  2014-05-04_233221

Bei einem geplanten Unterrichtseinsatz der App ist es sinnvoll beim Stadt- oder Kreisarchiv wegen einer Kooperation und der Bereitstellung von digitalisierten Quellen für den Unterricht anzufragen. Lehrkräfte und Archive können eigenen Zugang mit mehr Rechten anlegen. Archive können über diesen Zugang selbstständig Digitalisate im App-Archiv für Schulen zur Verfügung stellen.

Aufgrund der vorhandenen Quellen für die meisten Nutzer außerhalb von Koblenz und Linz zur Zeit noch weniger interessant ist das Mapping Game. Auch hier erfolgt der Einstieg für Einzelnutzer über das App-Archiv. Zu den Digitalisaten kann jeder Nutzer in seinem Konto eigene Referenz-Fotos hochladen, dass kann z.B. ein historisches Foto eines Straßenzuges oder eines Platzes sein, das in heutiger Ansicht mit derselben Perspektive aufgenommen wird oder das Gebäude bzw. der Ort, der zu einer Urkunde gehört, weil diese dort verfasst wurde.

2014-05-04_234400Interessant wird das Mapping Game allerdings erst, sobald es in einer Gruppe gespielt wird. Dazu muss von Schule oder Archiv im Content Management System eine Lerngruppe angelegt werden. Werden nun von Nutzer dieser Gruppe Referenz-Bilder hochgeladen, sehen diese alle Mitglieder der Gruppe und können sie bewerten auf einer Sterne-Skala  von 1-5. Dadurch erhält der Nutzer, der das Bild hochgeladen hat, zugleich auch Punkte für die HighScore-Wertung.

Die Zeitleisten-Funktion ist weitestgehend selbsterklärend. Jeder Nutzer kann eigene Zeitleisten anlegen. In diese Zeitleisten lassen sich Texte, Digitalisate aus dem App-Archiv oder selbst hochgeladene Dokumente einfügen, über die Einbettungsfunktion lassen sich aber auch Online-Videos oder learningapps in die Zeitleiste integrieren.

2014-05-04_235606Wer innerhalb einer Lerngruppe arbeitet, kann die erstellte Zeitleiste auch für alle Mitglieder der Gruppe zum Ansehen freigeben. Innerhalb einer Gruppe können auch beliebig viele Mitglieder eine Zeitleiste kollaborativ erstellen. Die erstellten Zeitleisten stehen dann allen Nutzern der Gruppe dauerhaft zum Nachschauen oder zum Lernen z.B. in der Schule vor einem Test oder einer Klausur zur Verfügung.

App in die Geschichte – Funktionen und Unterrichtsideen 1: Archiv mit digitalisierten Quellen

Die App in die Geschichte

  • bietet digitale Werkzeuge zum historischen Lernen
  • unterstützt das Arbeiten mit digitalisierten Quellen aus verschiedenen Archiven
  • lässt sich kostenlos nutzen und verfolgt keinerlei kommerzielle Interessen
  • stellt alle Inhalte unter Creative Commons-Lizenz bereit
  • steht als Open Educational Resource zur Verfügung

Sie wurde speziell für den Geschichtsunterricht entwickelt. Die App bietet mehrere Funktionalitäten bzw. Werkzeuge zum historischen Lernen. Die einzelnen Funktionen der Anwendung eignen sich für unterschiedliche Phasen des Unterrichts sowie zur Förderung unterschiedlicher Kompetenzen. Sie ermöglicht dauerhaft, digitalisiertes Schriftgut und andere Dokumente aus Archiven in den in den Klassenraum des Geschichtsunterrichts und über mobile Endgeräte an historische Orte zu bringen.

Der Anwendung in der Testphase des Prototyps in den letzten Wochen lagen Partnerschaften zwischen Archiven und Lehrkräften/Schulen im Rahmen des gymnasialen Geschichtsunterrichts zugrunde, die eine Auswahl von zum Unterricht passenden Digitalisaten getroffen und in das App-Archive eingestellt haben. Diese Möglichkeit besteht nun für alle interessierten Archive, die einen Teil ihrer Digitalisate für Schulen an zentraler Stelle zugänglich machen wollen. Die App bietet darüber hinaus erste digitale Werkzeuge, um mit digitalisierten Quellen zu lernen und zu arbeiten:

1) Das Digitale Archiv stellt digitalisierte Quellen aus verschiedenen Archiven bereit, auf die separat und von jeder der unter 2-4 genannten Funktionen zugegriffen werden kann.

2) Das Mapping Game fördert das Wahrnehmen von Historizität (Per-Zeption) in der eigenen Lebensumwelt.

3) Das Tagging Game und die Quellenannotation sind Analysewerkzeuge (De-Konstruktion).

4) Mit Hilfe der Zeitleisten lassen sich eigene Narrationen (Re-Konstruktion) erstellen.

Nach Anmeldung können Lehrkräfte Lerngruppen anlegen und ihre Schülerinnen und Schüler dort eintragen. Für die Registrierung der Schülerinnen und Schüler sind also keine weiteren Angaben notwendig. Die Schülerinnen und Schüler brauchen auch keine eigene E-Mail-Adresse, um die Anwendung zu nutzen.

Alle Funktionen können in Einzelarbeit genutzt werden. Bei den Zeitleisten besteht zudem die Möglichkeit, auch kollaborativ zu arbeiten. Ein Nutzer legt dabei eine Zeitleiste an und lädt weitere Nutzer zur Bearbeitung ein, so dass am ein gemeinsames Produkt erstellt werden kann.

Im digitalen Archiv der App befinden sich digitalisierte Quellen aus verschiedenen Archiven. Das App-Archiv kann nach Schlagwörtern, Personennamen, Orten oder Zeiträumen durchsucht werden. Die Anzeige der Quellen lässt sich alphabetisch nach dem Titel oder chronologisch organisieren.

Archive als Institutionen haben einen eigenen Zugang zur App und können selbstständig digitalisierte Quellen zur Quellen-Datenbank hinzufügen. Sie entscheiden auch über die Lizenz, unter die sie ihre digitalisierten Quellen stellen. Um rechtlich eine Bearbeitung, Veränderung und eventuell eine Veröffentlichung der Quellen in Lernprodukten der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen, stehen die Digitalisate unter Creative Commons- oder Public Domain-Lizenz. Das App-Archiv ist öffentlich und damit auch ohne Passwort durchsuchbar.

Sowohl Lernende als auch Lehrkräfte können im Schülerbereich der App eigene Dateien hochladen oder, sofern es sich um Videos oder Sounddateien handelt, diese einbetten. Die hinzugefügten Dateien können für die eigene Lerngruppe freigegeben und mit ihr geteilt werden, so dass alle Mitglieder der Lerngruppe die Dateien abrufen, bearbeiten und weiter verwenden können, z.B. zur Erstellung von Zeitleisten. Die selbst hochgeladenen Dateien bleiben allerdings innerhalb der Lerngruppe und sind daher nicht im Archiv der App abrufbar.

Mit der digitalisierten Quellen in der App kann an verschiedenen Stellen im Unterricht gearbeitet werden. Die Lehrkraft kann das Archiv zur Vorbereitung nutzen, interessante Quellen auswählen und der jeweiligen Schülergruppe zur Bearbeitung zur Verfügung stellen.

Alternativ recherchieren Schülerinnen und Schüler im Archiv selbstständig z.B. zum Einstieg in eine Unterrichtseinheit und wählen ein Bild aus, das für sie das anstehende Thema repräsentiert. Sie stellen ihre Auswahl im Plenum vor und begründen diese. Auf diese Weise lassen sich Alltagsvorstellungen und (Prä-) Konzepte erheben und explizieren, die alle Lernenden stets mit in den Unterricht bringen. Am Ende der Unterrichtsreihe kann dann die Frage stehen, ob sie zu dem Thema weiterhin das gleiche Bild auswählen würden. An der jeweiligen Begründung lässt sich erkennen, ob sich durch die Erarbeitung des Themas im Unterricht die Vorstellungen verändert haben oder nicht.

Lehrerinnen und Lehrer können Quellen aus dem Archiv auswählen und den Lernenden diese Auswahl zur Verfügung stellen. Die Schülerinnen und Schüler haben die Aufgabe die ausgewählten Quellen anhand vorgegebener (z.B. chronologische Abfolge von Architekturstilen) oder selbst definierter Kriterien in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen und auf einer Zeitleiste anzuordnen.

Schließlich gestalten Schülerinnen und Schüler zum Abschluss einer Unterrichtseinheit mit Hilfe der digitalisierten Quellen multimediale Zeitleisten, um die erarbeiteten Inhalten noch einmal in chronologischer Abfolge zu gliedern und zusammenzufassen.

Weiterlesen: Funktionen und Unterrichtsideen Teil 2 – Mapping Game

Mobiles Geschichtslernen: App in die Geschichte online

2014-04-24_005634So sieht sie aus die Startseite der „App in die Geschichte“. Das Konzept hatte ich hier im Blog Ende September bereits kurz vorgestellt. Zur Nutzung durch Schule und Archive steht nun ein erster, in seinen Funktionen reduzierter, aber voll einsatzfähiger Prototyp zur Verfügung. Die „App in die Geschichte“ ist der bisher, soweit ich sehe, erstmalige und bislang auch einmalige Versuch, mobiles Lernen mit digitalisierten Quellen aus Lokal- und Regionalarchiven zu verbinden, speziell für den schulischen Geschichtsunterricht eine eigene Anwendung dafür zu entwickeln und kostenlos bereitzustellen. Zum Vergleich, was es für Apps im Bereich Geschichte bislang gibt, sei auf den Überblicksbeitrag von Kristin Oswald sowie die Beiträge von Studierenden im Blog geschichte zwopunktnull verwiesen.

Die „App in die Geschichte“ hat in hohem Maße explorativen Charakter, weswegen wir auf Kritik und Rückmeldungen angewiesen sind, um das Angebot zu verbessern und weiterzuentwickeln. Wir sprechen zwar von „App“, präziser formuliert handelt es sich bei dem Programm um eine Web-Applikation oder WebApp. Diese kann über jeden Webbrowser aufgerufen werden und passt sich in der Darstellung je nach verwendetem Gerät optisch an. So ist die GeschichtsApp sowohl über einen PC, zum Beispiel im Computerraum der Schule, als auch mobile über kleine Smartphone-Bildschirme gut nutzbar. Es braucht keinerlei Installation oder Download aus einem „App“-Laden, was aus Schülersicht vielleicht weniger „cool“ ist, aber die schulische Nutzung vermutlich vereinfacht, da keine Administratorenrechte auf den verwendeten Geräten benötigt wird.

Die App in die Geschichte findet sich unter: http://app-in-die-geschichte.de/

Die Anwendung umfasst ein „Archiv“ für digitalisierte Quellen, das frei, d.h. ohne Anmeldung, zugänglich ist und zur Zeit fast 80.000 Digitalisate unter CC- und PD-Lizenz enthält. Nach Anmeldung sind darüber hinaus das Mapping Game, das Tagging Game sowie eine Zeitleistenfunktion nutzbar. Für Archive und Schulen haben wir einen Reader (PDF Download) erstellt, der die grundlegenden Funktionen erklärt und erste Ideen für mögliche Unterrichtszenarien liefert. Am Ende der Handreichung findet sich auch eine Anleitung zur Registrierung als Lehrkraft. Für Archivare oder Archivpädagogen gibt es eine eigene Handreichung mit kurzer Information zu Nutzen und Registrierung (PDF Download).

Soweit ich das überblicke, bietet die GeschichtsApp als erste ein Werkzeug zur Erstellung digitaler Zeitleisten auf Deutsch. Alle übrigen Angebote wie xtimeline etc. sind englisch- oder französischsprachig. Für den Geschichtsunterricht gerade mit jüngeren Lernenden kann ein deutschsprachiges Angebot hilfreich sein. Die spielerischen Elemente wie auch die Highscore sollen gleichfalls eher jüngere Lernende ansprechen und zur Auseinandersetzung mit historischen Inhalten motivieren. Ob das gelingt, ist zu prüfen. Parallel zur Testphase läuft in zwei Klassen eine Befragung von Schülerinnen und Schülern.

Die übrigen Funktionen stellen einen ersten Versuch dar, Angebote mobilen Geschichtslernens besonders für den Schulbereich zu gestalten. Das ist alles andere als perfekt. Weitere konzipierte Funktionen, vor allem zum digital storytelling, konnten wir bislang mit der verfügbaren Finanzierung noch nicht umsetzen.

Vom ersten Treffen über die Konzeptentwicklung und Umsetzung bis zum jetzigen Zeitpunkt ist weniger als ein Jahr vergangen, was nur dank der hervorragenden Zusammenarbeit aller beteiligten Partner möglich war. Das allererste Treffen hat Mitte Mai 2013 im Stadtarchiv Koblenz stattgefunden, vor etwas mehr als einem Monat haben wir bei einem Seminar im Bundesarchiv in Koblenz den Prototypen in kleiner Runde vorgestellt und diskutiert.

Im Nachgang haben die Programmierer zumindest noch einen Teil der Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge umsetzen können. Die übrigen haben wir notiert und hoffen zu einem späteren Zeitpunkt nachbessern zu können. Die Finanzierung ist nun ausgelaufen. Bis mindestens September steht die Anwendung online. Sie ist für alle Nutzer kosten- und werbefrei. Für die Nutzung und vor allem die Weiterentwicklung über September hinaus suchen wir zur Zeit nach Konzepten und vor allem nach einer Finanzierung. Das ist im Bildungsbereich schwierig.

Ein ersten Lichtblick in dieser Hinsicht gibt es seit heute: Unsere Bewerbung beim Europeana Creative Challenge hat es in die Endrunde geschafft! Kommenden Dienstag werden fünf vom Veranstalter vorausgewählte Projekte in Brüssel im Bereich “history education” vorgestellt. Anschließend wird die Jury entscheiden, eines davon durch ein Beratungs- und Coachingpaket zu unterstützen. Herr Dr. Müller wird unser Projekt vor Ort vertreten. Ich bin sehr gespannt und drücke die Daumen für eine erfolgreiche Präsentation!

Weiterlesen ausführlich: Funktionen und Unterrichtsideen

Weiterlesen Kurzfassung: Die GeschichtsApp ausprobieren – Kurzanleitung und erste Schritte

Taxonomie von GeschichtsApps

Am Freitag haben wir im Bundesarchiv in geschlossenem Teilnehmerkreis den Prototyp der GeschichtsApp „App in die Geschichte“ (Link zu Projektpartnern und Konzept) vorgestellt und diskutiert. Die Folien der Präsentation geben den aktuellen Stand des Projekts wieder:

Aufgrund einer kurzfristig, leider krankheitsbedingten Absage habe ich spontan versucht, die Lücke zu füllen und einen Überblick über vorhandene „GeschichtsApps“ zu geben. Dazu habe ich Kategorien gesucht, um die Apps zu unterteilen und dadurch Typen herauszuarbeiten zu können, die sich exemplarisch vorstellen ließen, da die Menge an historischen Angeboten im App-Bereich mittlerweile recht umfangreich geworden ist. Dabei wurde mir schnell klar, dass es viele Mischformen und Schnittmengen gibt und die Kategorien nicht trennscharf sind.

Zuvor stellte sich allerdings die Frage: Was sind eigentlich „Geschichts-Apps“?

  • Ist die App eines historischen Museums, die auf Öffnungszeiten hinweist und eine Überblick über die Dauer- sowie Sonderausstellungen gibt, bereits eine „Geschichts-App“?

Im ersten Fall würde man unter Einschränkung vielleicht noch zustimmen, im zweiten sicher nicht mehr. Es sei denn, die App zur Bildanalyse wäre eventuell gekoppelt mit einer Bilddatenbank, die historische Fotos, Abbildungen von Gemälden und digitalisierte Karikaturen bereitstellte. Eine App ist also vermutlich nur dann eine „Geschichts-App“, wenn sie in irgendeiner Form historische Inhalte umfasst.

Die Frage danach, wodurch und wie sich die bisherigen GeschichtsApps voneinander unterscheiden, ist schwieriger zu beantworten. Ich habe versucht, dass sowohl über technische wie über didaktische Dimensionen zu strukturieren. Zunächst gibt es ein technisches Kriterium. Zu unterscheiden wären:

1) (Internetseiten -) Web-Apps – native Apps

Reine Webseiten werden zunehmend selten, sind eigentlich keine Apps und werden in der Folge nicht weiter berücksichtigt, obwohl einige der Kategorien auch hier anwendbar wären.

Wenn man von Apps spricht, meint man entweder mobile Internetseiten, sogenannte Web-Apps, die über den Browser aufrufbar sind und ihre Darstellung je nach Abrufgerät (Smartphone, Tablet, PC) automatisch optimieren. Davon zu unterscheiden sind native Apps, die – vereinfacht gesagt – im App-Laden des jeweiligen Anbieters heruntergeladen werden können.

2) Rezeption – Georefenzierung – Kommunikation/Produktion

Die gesichteten Angebote unterscheiden sich darüber hinaus, darin dass einige Inhalte nur zur Rezeption bereitstellen (z.B. Caracalla-App). Einen Schritt gehen Apps, die ihre Inhalte mit Geodaten verknüpfen und sie so zusätzlich oder auch ausschließlich an einem Ort abrufbar machen (z.B. Mauer-App der BpB). Am komplexesten sind Apps, die zusätzlich die Kommunikation zwischen den Nutzern und/oder das Einstellen eigener Inhalte erlauben. Dabei ist eine große Bandbreite denkbar, von einfache Likes und Bewertungen über Kommentare bis hin zu umfangreicheren Produkten wie z.B. selbst erstellten Zeitleisten.

3) statisch – interaktiv – kollaborativ

Die drei Punkte weisen eine hohe Schnittmenge mit den vorangehenden Kategorien auf, sind aber dennoch nicht ganz deckungsgleich. Statische Apps bieten Inhalte an, die nicht verändert werden können. Weiter gehen Apps, die „Interaktivität“ erlauben, wobei die Bandbreite „interaktiv“ sehr breit gespannt ist. (Danke an Ulf Kerber für den Hinweis auf den Ansatz von Rolf Schulmeister zur Skalierung von Interaktivität – PDF). Auf der letzten Stufe stehen kollaborative Umgebungen, die das gemeinsame Schreiben, Bearbeiten oder Verändern ermöglichen.

4) thematisch – institutionell – räumlich

Die genannten drei Kriterien treten nach meiner Beobachtung selten einzeln auf, erlauben aber dennoch spezielle GeschichtsApps weiter zu differenzieren. Einige Apps beschäftigen sich mit einem spezifischen historischen Thema oder basieren auf einem methodischen Ansatz. Die eingangs erwähnten Museums-Apps sind klar institutionell ausgerichtet. Andere Museen-Apps folgen mehr einem institutionellen Ansatz, in dem sie Besuchern Informationen zum Museum selbst und den Exponaten bereitstellen. Schließlich gibt es GeschichtsApps, die sich ausschließlich mit einem begrenzten historischen Raum befassen. Um das noch einmal an der Mauer-App der BpB aufzuschlüsseln, diese ist sowohl thematisch (Geschichte der Mauer von 1961-1990) wie auch räumlich (Berlin) orientiert.

5)  erklärend – entdeckend – forschend

Als Lernangebote sind Apps, die Inhalte zur Rezeption anbieten, rein erklärend. Die Macher der App bereiten einen historischen Inhalte mehr oder weniger verständlich auf.Andere ermöglichen entdeckendes Lernen, in dem sie den Nutzer zu Orten schicken, die untersucht und wo Fragen beatwortet werden können. Auch die Seiten des US Nationalarchivs können je nach Einsatz zu selbstständigem entdeckendem Lernen mit digitalisierten Quellen genutzt werden. Apps, die einen großen Fundus noch nicht aufbereiteter und nicht didaktisierter Digitalisate bereitstellen und Werkzeuge zu deren Analyse und Auswertung können darüber hinaus sogar zum forschenden Lernen genutzt werden.

6) Öffentlichkeit – verschiedene Gruppen – Nutzerkreis

Schließlich unterscheiden sich Apps im Hinblick auf ihre Konzeption für unterschiedliche Nutzergruppen. Viele Apps zielen auf die „allgemeine Öffentlichkeit“, weil nur eine App erstellt wird, die für alle da sein soll. Das Problem ist, dass dafür eigentlich keine adäquate Inhaltsaufbereitung erfolgen kann, weil z.B. Texte zugleich für einige Nutzer zu wenig informativ, für andere schon unverständlich komplex oder abstrakt sein können. Möglichkeiten bieten hier einfache interaktive Elemente, die das Hinzuschalten weiterer Informationen ermöglichen oder das Einblenden von Schlüsselwörtern, um die Texterschließung zu vereinfachen.

Apps können aber auch für mehrere verschiedene Nutzergruppen konzipiert sein, z.B. für Schüler aller Altersstufen und Schulformen. Noch spezieller ist die Erstellung von Angeboten für einen engeren Nutzerkreis, wie z.B. Grundschüler der 3. und 4. Klassen. Auch hier gibt es noch genügend Unterschiede, die Fokussierung erlaubt aber ein zielgruppenspezifischere Gestaltung des Angebots, wobei nie ausgeschlossen ist, dass auch für andere Nutzergruppen interessant ist. Wie auch immer: GeschichtsApps lassen sich auf jeden Fall nach unterschiedlichen Zielgruppen differenzieren.

Wohl wissend, dass die obige Auflistung weder vollständig noch abschließend ist, möchte ich sie hier zur Diskussion und – sofern sinnvoll – zur Weiterentwicklung und Präzisierung zur Verfügung stellen. Aus dem Plenum des Seminars kamen bereits zwei ergänzende Vorschläge, die aus Nutzerperspektive besonders relevant scheinen:

7) kostenlos – einmalige Bezahlung – Abo-Modell

8) Inhalte nur online verfügbar – teilweise auch auf dem eigenen Gerät speicherbar und damit offline verfügbar – die kompletten Inhalten sind auch offline verfügbar

Mobiles Lernen vor 60 Jahren: Der Späher

20131003_173557Bevor wir morgen in kleinem Kreis die GeschichtsApp im Bundesarchiv vorstellen und diskutieren, anbei ein Hinweis, den ich Herrn Müller verdanke, mit dem ich in den letzten Monat sehr intensiv bei der Entwicklung der Web-App zusammengearbeitet habe.

Mobiles Lernen ist eines der ganz großes Themen im Bildungsbereich im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Endgeräte (siehe z.B. zuletzt die Mobile Learning Week der UNESCO). Natürlich haben sich durch die Digitalität die Rahmenbedingungen verschoben, trotzdem fand ich den Fund interessant, der zeigt, wie alt die didaktischen Ideen die nun wieder oder neu erfunden werden, eigentlich schon sind.

„Der Späher“ war Serie von Heftchen für Kinder, die zur ab 1953 erscheinenden, „Sternchen“ genannten Kinderbeilage des 1948 gegründeten Stern herausgegeben wurden. Die Hefte erschienen Mitte der 1950er Jahre. Im Netz finden sich nur wenige Informationen dazu. Hinweise auf weitere Infos sind willkommen.

Die Heft sind so angelegt, dass Kinder selbst ihre Lebensumwelt selbstständig entdecken und ihre Entdeckungen im Heft dokumentieren können. Das Ganze ist zudem verpackt in eine kleine ausgedachte Rahmengeschichte:

20131003_173638Das vorliegende Heft zielte besonders auf Architektur- und Kunstgeschichte. So werden z.B. Romanik und Gotik erklärt. Im Wohnort sollten dafür dann Beispiel gesucht werden und mit Name und Adresse des Gebäudes im Heft notiert.

Sehr spannend fand ich die letzte Seite des Hefts, die für mich die Mentalität der 1950er Jahre widerspiegelt. Vater, Mutter oder Lehrer sollen die Eintragungen im Heft prüfen! Es leben die familiären und schulischen Autoritäten.Das erinnert mich an eine beliebte spanische Fernsehserie, die in der Zeit ab 1969, also noch unter der Franco-Diktatur, beginnt. Der Vater hat das Konversationslexikon der Familie im Kleiderschrank des Schlafzimmers (!) versteckt, wo er immer wieder mal nachschaut, wenn er seine Kinder mit Wissen beeindrucken möchte oder diese mit ihm unbekannten Begriffen aus der Schule kommen.

Ganz im Sinne der Gamification gibt es im Späher verschiedene „Level“, in denen der Spieler unterschiedliche Titel je nach erreichter Punktzahl erwerben kann und in der Hierarchie der „Späher“-Gemeinschaft aufsteigen kann. Bei Zusendung an der Stern winken sogar externe Belohnungen in Form einer „Ehrennadel“.

Ein spannender Fund, der beispielhaft zeigt, nur weil es digital ist, ist längst nicht alles neu 😉

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Geocaching is trending…

Leider bin ich erst jetzt dazu gekommen, die Beiträge zu sichten, möchte hier aber dennoch auf gleich zwei Publikationen vom Ende des letzten Jahres zum Geocaching im Geschichtsunterricht hinweisen:

Im Heft zum Ersten Weltkrieg von Praxis Geschichte (6/13, S. 50-51) ist unter dem Titel „Mehr als eine Schnitzeljagd. Geocaching im Geschichtsunterricht“ ein kurzer Artikel von Björn Dexheimer und André Lehnen erschienen.

Umfangreicher schreibt Sascha Siedler („Bock auf Schule“) in GWU (64, 2013, H. 11/12, S. 668-675). Das Editorial kommt vollmundig daher: „Geschichtsdidaktisches Neuland betritt Sascha Siedler mit dem handlungsorientierten Lernarrangements des Geocoachings, dessen Potentiale für den Geschichtsunterricht er erstmals auslotet.“ Das ist forsch formuliert, ist aber inhaltlich nicht haltbar. Ebenso wie der einleitende Hinweis des Autors im Artikel selbst, wonach „fachdidaktische Beiträge zurzeit noch nicht vorliegen und Erfahrungswerte aus dem Schulbereich bisher kaum vorhanden sind“. (S. 668)

Anhand der Abrufdaten der referenzierten Internetseiten lässt sich vermuten, dass der Beitrag bereits in der zweiten Jahreshälfte 2012 entstanden ist. Nichtsdestotrotz wäre es auch damals nicht verkehrt gewesen, die Kombination von „Geocaching + Geschichtsunterricht“ mal in eine Suchmaschine einzugeben.

Ebenso erstaunt im weiteren die Aussage: „Bei einem solchen Geocaching-Einsatz innerhalb des Geschichtsunterrichts spricht man von einem ‚History-Cache‘.“ (S. 670) Eine Begriffsprägung, die mir neu ist, aber gerne durchgehen kann, wobei ich darunter eher Caches mit Geschichtsbezug verstehen würde. Geschenkt.

Mittlerweile gibt es natürlich wesentlich mehr Beispiele, Angebote und auch fachdidaktische Reflexionen zum Thema als 2012, von denen ich hier einige mal zum einfacheren Auffinden und Nachlesen zusammenstelle:

Bereits im August 2012 hatte das Portal „Lernen aus der Geschichte“ Webempfehlungen zum „Educaching“ gesammelt und veröffentlicht: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/content/10571

Als Unterpunkt zu „mobilem Lernen im Geschichtsunterricht“ war Geocaching auch Thema an einem  geschichtsdidaktischen Seminar an der Uni Duisburg-Essen. Die Beiträge der Studierenden finden sich im begleitenden Blog von Christian Bunnenberg: http://zwopktnull.hypotheses.org/38

Im Dossier „Kulturelle Bildung“ der bpb hatte Alexander König auch über mobiles Lernen und Geocaching geschrieben: http://www.bpb.de/gesellschaft/kultur/kulturelle-bildung/143889/geschichtsvermittlung-in-virtuellen-raeumen

Gemeinsam mit Alexander König ist ein umfangreicherer Beitrag mit grundlegenden didaktischen Überlegungen zum mobilen Geschichtslernen entstanden, der auf dem europäischen Portal „Open Education Europa“ abrufbar ist:

http://openeducationeuropa.eu/en/article/Moving-through-time-and-space—Learning-history-on-the-move

Eine stark überarbeitete Version des Beitrags erscheint demnächst auch im Journal of Educational Media, Memory, and Society (JEMMS) des GEI.

Auch außerschulische Einrichtungen greifen Geocaching auf, so u.a. Gedenkstätten. Zu den Pionieren in diesem Bereich gehört Osthofen, deren Cache-Projekt bereits vor zwei Jahren auf dem Historikertag in Mainz vorgestellt wurde: http://www.gedenkstaette-osthofen-rlp.de/index.php?id=685

Aktuell gibt es zum 25. Jahrestag des „Mauerfalls“ ein interessantes Projekt der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, das unter dem Titel „Untold Stories“ gleichfalls mit Geocaching arbeitet.

Die Liste ist keineswegs vollständig, weitere Hinweise sind herzlich willkommen… auch wenn ich nach eigenen Versuchen zur der für mich bislang gültigen Erkenntnis gelangt bin, dass Geocaching zumindest für den Geschichtsunterricht in der Schule in mehrfacher Hinsicht problematisch ist und sich eher für Projekte und außerschulische Arbeit eignet, verweisen die beiden Artikel sowie die weitere Auflistung auf einen methodischen Trend. Mal schauen, wie lange der anhält.