Historisches Lernen unterwegs

In Geschichtsdidaktik und Geschichtsunterricht gibt es recht klar definierte historische „außerschulische Lernorte“. Was aber, wenn es „den“ Lernort so nicht mehr gibt, sondern jeder Ort auch zugleich ein Ort des Lernens, und damit auch des historischen Lernens, sein kann? Das ist eigentlich schon immer so, aber erst durch die zunehmende Verfügbarkeit mobiler Endgeräte gerät diese Perspektiverweiterung in den Fokus. Das dazu passende Schlagwort lautet mlearning oder „mobiles Lernen“. In der Wikipedia wird dies wie folgt definiert:

Der Begriff M-Learning ist nicht eindeutig definiert, ist aber abgeleitet von dem Begriff des E-Learning. Unter M-Learning wird allgemein das Lernen mit portablen ubiquitären Medien bzw. mobilen Medien überall und zu jeder Zeit verstanden. Ersatz für klassische Lernmedien oder das E-Learning sein, sondern viel mehr eine sinnvolle Erweiterung darstellen. mLearning (in Form einer Realisierung über Mobiltelefone) bietet den Vorteil, dass spontan an jedem beliebigen Ort gelernt werden kann (beispielsweise während Wartezeiten). Bei den meisten anderen Lernformen ist es hingegen notwendig das Lernen vorher zeitlich und örtlich zu planen (beispielsweise indem ein Buch mitgenommen wird).

Wie eingangs schon angedeutet, geht es mir nicht um die Möglichkeit, an der Haltestelle oder im Bus mit dem Handy noch Jahreszahlen pauken zu können.  Klar, das geht auch, aber darum geht es meines Erachtens nicht.

Durch die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Informationen („Bibliothek in der Hosentasche“) sowie den zahlreichen Funktionen der mobilen Endgeräte („Das Smartphone als digitales Schweizer Messer“) wird nun historisches Lernen ermöglicht, für das zuvor jeweils ein enormer Aufwand betrieben werden musste (Besorgen entsprechender Aufnahmegeräte, Recherche in Bibliothek oder Archiv).

Ausschlaggebend ist nicht die Technik, aber sie ermöglicht eine Öffnung des schulischen Geschichtsunterricht sowohl inhaltlich, methodisch als auch räumlich. Der Geschichtsunterricht darf und kann viel stärker als bisher den Klassenraum verlassen und die unmittelbare Umgebung erkunden. Im Mittelpunkt müssen nicht mehr vorrangig Schulbücher und vordefinierte außerschulische Lernorte stehen, sondern die Fragen und die Lebenwelt der Lernenden können zum Ausgangspunkt werden. Damit einher gehen erweiterte Möglichkeiten zur Individualisierung von Zugang, Untersuchungsobjekten, Arbeitsweisen, Lernprozessen und Ergebnissen.

Dort, wo mir Geschichte im Alltag begegnet, kann ich dies zum Ausgangspunkt meiner Fragen an die Vergangenheit machen (das war schon immer möglich, aber nun viel einfacher als früher). Einige Ideen versuche ich hier mal zusammenzustellen, wie die Arbeit mit mobilen Endgeräten Interesse an Geschichte und historisches Lernen fördern kann.

Forschendes Entdecken und Dokumentieren:

– Aufzeichnen von Fotos, Videos, Tönen von baulichen Überresten, geschichtskulturellen Zeugnissen (wie z.B. Werbung), aber auch die Befragung von Experten oder Zeitzeugen.

– Einbettung der Ergebnisse in ePortfolios, digitale Karten, Blogs oder Wikis.

– Eigenes Erstellen von thematischen (Audio-/Foto-/Video-) Stadtrundgängen, Rallyes oder Geocaches (z.B. von älteren für jüngere Schüler).

Sich Informieren:

– Direktes Abrufen von Informationen vor Ort, wo sonst eine (für lokal- und regionalhistorische Themen oft aufwändige) Recherche an einem anderen Ort vorab oder im Nachhinein notwendig gewesen wäre (z.B. Herkunft von Straßennamen, Informationen zu Gebäuden oder Denkmälern).

Spielerisch erkunden:

– Apps, Rätsel/Quiz, Rallyes und Geocaching-Touren zu historischen und politischen Themen.

– Sich anhand von digitalisierten alten Karten in der Stadt heute orientieren.

– Orts-Bildersuche: Heutige Orte historischer Aufnahme finden

Wahrnehmung erweitern:

– Das Einblenden historischer Gemälde und Fotos, die den direkten Vergleich mit heute erlauben.

– Lesen, hören, sehen von Text-, Audio- und Videoquellen an historischen Orten.

Einige der Ideen lassen sich auch mit Fotokopien umsetzen und sind daher nicht neu. Aber sowohl Abbildungen sind nun leichter verfügbar als auch deren Qualität ist digital deutlich besser. Das mobile Nutzen von Audio- oder Videoaufzeichnungen ist für Schulen sogar weitgehend neu und war bislang professionellen Anbietern wie Museen oder der Stadttouristik vorbehalten.

Twitter-Geschichtsprojekte

Der Account @RealTimeWWII eines Briten, der sechs Jahre lang den Zweiten Weltkrieg in Tweets nacherzählen will, erhält gerade relativ viel Aufmerksamkeit (siehe z.B. den Artikel in der NZZ) und hat auch viele, aktuell über 138.000  „Follower“ weltweit auf Twitter.

Jan Hodel hat sich gestern kritisch zu dem Projekt im Histnet-Blog geäußert, worauf eine kleine Diskussion sowohl dort im Blog als auch auf Twitter entstand.

Zunächst einmal sei angemerkt, dass solche Geschichtsprojekte nichts Neues sind. Verwiesen sei nur auf die Seite TwHistory.org, die nicht alle, aber vieler solcher Projekt dokumentiert, einige davon auch selbst organisiert hat.

Thomas Wolf hat dann die Frage konkretisiert, welche Kriterien man für die Qualität und das Gelingen solcher Twitter-Projekte benennen könnte. Jan Hodel hat dazu einen Beitrag angekündigt, dem ich nicht vorgreifen, anschließend an seinen Kommentar im Histnet-Blog aus der Praxis aber ein paar Überlegungen beisteuern möchte.

Mit zwei Oberstufenkursen habe ich letztes und vorletztes Jahr solche Twhistory-Projekte ausprobiert, das eine zur Geschichte der Paulskirche, das andere zur Eroberung des Atzekenreichs durch die Spanier.

Resümierend würde ich sagen, Twhistory-Projekte sind kein Königsweg, sondern nur eine methodische und mediale Alternative unter vielen. Twitter ist auch nicht per se besser oder bietet mehr als die Arbeit mit anderen Medien, besitzt  aber durchaus ein Potential für historisches Lernen in der Schule sowie in außerschulischen Projekten z.B. von Archiven. Ähnliches ließe sich sicher auch in Blogs oder stark reduziert als eine Art Schreibgespräch auch in Papierform umsetzen. Zentral für den Einsatz von Twitter scheint zunächst vor allem das Ausprobieren von Neuem, die Motivation durch die Integration dieses bekannten, aber für den Geschichtsunterricht eher ungewöhnlichen Tools  sowie der Chance en passant auch die Funktionsweise von Twitter kennenzulernen, was bekanntermaßen nicht nur einigen Journalisten auf Bundespressekonferenzen helfen könnte, sondern mittlerweile auch jedem einzelnen beim Nachrichtenschauen oder Zeitunglesen.

Trotz dieser Vorrede sehe ich im Gebrauch eines Microbloggingdienstes auch einige fachspezifische Vorteile in Abhängigkeit von den Inhalten. Twitter (oder andere Dienste wie z.B. Edmodo) eignen sich mit Namenswahl und Profilbild besonders für die Personalisierung und das Nachspielen von Geschichte, daher ist der Begriff „virtuelles Reenactment“ durchaus zutreffend. Das  kann bei Jugendlichen das Verständnis komplexer Zusammenhänge erleichtern.  Es darf aber nicht auf der konkreten Ebene einzelner Personen stehen bleiben, sondern muss spätestens zum Abschluss auch noch einmal zu einer Reflexion des Ganzen führen.

Mehrere Accounts können verschiedene historische Personen repräsentieren und damit unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema eröffnen. Alle Tweets eines Projekts lassen sich dann in einer Liste sammeln. Die Interaktion von Akteuren lässt sich auf Twitter besser darstellen als in anderen Medien. Sie bietet zudem die Möglichkeit der  teilweisen Individualisierung durch die interessensgeleitete Auswahl der historischen Figur. Hinzu kommt im Sinne eines „Reenactments“ die Rekonstruktion der Chronologie über die Möglichkeit des vorprogrammierten zeitgenauen Versendens einer Nachricht.

So kann über Medieneinsatz Interesse für historische Inhalte zu geweckt und Ergebnisse in offenkundig ansprechender Form öffentlich präsentiert werden.

Aufgrund meiner Erfahrung würde ich sagen, dass sich solche Projekte, sofern sie materialgebunden sind, sehr gut zur Einführung in die Oberstufenarbeit eignen, da sie verknüpft werden können mit Einführungen bzw. Vertiefungen der Informationsrecherche, des Erstellens von Bibliogprahien, der Bibliotheks- bzw. Archivnutzung, sowie damit verbunden der Unterscheidung von Quellen und Darstellungen und  des Prinzips der Multiperspektivität (ggf. auch der Kontroversität) .

Abschließend stichwortartig ein paar sicher noch zu vervollständigende Ideen aus der Praxis:

Was macht die Qualität solcher Projekt in fachdidaktischer Perspektive aus?

– eindeutige Zuordnung der Perspektive zu Personen, idealerweise stellvertretend für eine gesellschaftliche oder politische Gruppe ausgewählt

– idealerweise führt die Arbeit an die Quellen heran und erfolgt die Erarbeitung der Tweets basierend auf Quellenmaterial. Die Nachrichten stellen dann nur Zusammenfassungen von Reden, Briefen oder anderen Äußerungen der verkörperten Person dar. Eine Parlamentsrede auf die Kernbotschaft(en) in einem oder mehreren Tweets von 140 Zeichen zusammenzufassen, stellt eine echte Herausforderung dar, durch das Medium ist der Arbeitsauftrag aber interessanter als das überlicherweise verwendete: „Fasse die Kernaussagen des Textes thesenartig zusammen!“

[Ebenso kann die Rekonstruktion auch über Darstellungen erfolgen und es wäre zu diskutieren, in Abängigkeit von der Teilnehmergruppe und der Lernintention, inwieweit sich die Teilnehmer mit ihren Personen von der Quellenvorlage lösen dürfen, sich in diese hineinzuversetzen und aus ihrer Perspektive mit den anderen historischen Personen direkt zu diskutieren. Dabei gilt es im Nachhinein zu diskutieren, inwieweit die Rollenübernahme gelungen ist. Einschränkend ließe sich die Vorgabe machen, dass nur Personen miteinander kommunzieren können, die sich auch zu dem Zeitpunkt in Ortsnähe befunden oder über entsprechende Kommunikationsmittel verfügt haben. Dies ist z.B. für die Abgeordneten in der Paulskirche kein Problem, wohl aber für Karl V. und Cortés – so ergab sich in letzterem Projekt  bei den Lernenden u.a. die Frage nach Art und Dauer von Nachrichtenübermittlung im 16. Jahrhundert.]

– Dokumentation der verwendeten Quellen und Darstellungen sowie der Vorgehensweise z.B. in einem begleitenden Blog

– Abschließende Aufgabenstellung zur Reflexion des Gesamten und damit Lösen von der Einzelrolle

Was benötigt es zum Gelingen solcher Projekte?

– Motivation durch die gemeinsame Auswahl eines Themas, wobei zu klären ist, ob dafür genügend, auch detaillierte  Informationen verfügbar sind, um dieses mit verschiedenen Rollen „nachzuspielen“

– abhängig von Alter und Erfahrung der Teilnehmer: Vorrecherche, Bereitstellen der Materialien, ggf. auch deren Auswahl und Reduktion

– ausreichend Zeit zur Einführung in die Nutzung von Twitter, ggf. von Blogs, Archiv- und/oder Bibliotheksrecherche

– einen transparenten Zeit- und Arbeitsplan

– Zwischengespräche mit allen Teilnehmern zum Fortgang des Projekts, für Fragen, Hinweise etc.

Hier ist sicher noch einiges hinzuzufügen, zu präzisieren und ggf. auch zu korrigieren.

Wie das 2. Weltkriegsprojekt zeigt, besteht offenkundig ein Interesse an dieser Darstellungsform von Geschichte. Eine Frage, die sich mir noch stellt, wer liest denn solche „historischen“ Tweets und warum?

Exkursion planen mit Google Maps

Zur Vorbereitung einer Exkursion nach Speyer mit dem Leistungskurs Geschichte habe ich nun erstmals Google Maps eingesetzt. Schwerpunkt der Exkursion zum Jahresabschluss ist die aktuelle Salier-Ausstellung und der Dom. Die SchülerInnen haben jeweils alleine oder zu zweit ein Thema ausgewählt und bereiten in den vorangehenden Unterrichtsstunden kurze Informationen zu ihrem Thema vor. Sie wählen einen Ort aus, wo sie die Informationen vortragen. Die Orten werden auf der Google Maps Karte eingetragen ebenso wie weitere Informationen wie z.B. Lage des Bahnhof, Abfahrtzeiten, Lage des Museums, Uhrzeit des Treffens dort.

Durch das Eintragen der gewählten Vortragsorte liegt dann auch zugleich die Route für den Stadtrundgang fest. Die einzelnen Punkte enthalten verlinkte weiterführende Informationen: Links zu Wikipedia-Artikeln, Ortsbeschreibungen, Fotos, Besucherbewertungen etc. Die SchülerInnen können die Karte auf ihren mobilen Endgeräten aufrufen und haben sie so zur Vorbereitung, aber auch vor Ort mit allen Informationen verfügbar. Die Karte lässt sich aber auch ausdrucken und in Kopie ausgeben.

Mit der Karte ließe sich die Exkursion auch nachbereiten: Informationen können ergänzt, selbst gemachte Fotos und Filme hochgeladen werden. Im Unterricht kann leicht auf die Inhalte der Exkursion zurückgegriffen werden und mir als Lehrer stehen die Informationen bei der eventuellen Planung einer weiterem Exkursion mit einem anderen Kurs auch wieder zur Verfügung.

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Die Konferenz ist rum und sie war gut. Es gab viel Input, einiges zum Nachdenken und durchaus konträre Positionen. Ich fand es sehr interessant zu verfolgen, wie unterschiedlich die Einstellungen der Podiumsdiskutanden und anderer Teilnehmer zu Internet, Öffentlichkeit und Web 2.0 sind. Da man aber nichts wiederholen braucht, was woanders schon beschrieben ist, verweise ich hier schlicht auf die von Kollega Hodel beschriebenen Eindrücke auf histnet, die die Sache gut zusammenfassen.

Die Tweets von der Tagung lassen sich auf Twitter noch nachlesen. Dort finden sich  ebenso wie hier auch einige Links aus den Präsentationen und von den Institutionen der Tagung.

Für mich ergab sich eine gewisse Spannung aus der teilweise zeitgleich stattfindenden re:publica. Einige Teilnehmer bewegten sich auch zwischen beiden Veranstaltungen hin und her, so dass neben den Berichten im Netz auch immer wieder direkte Eindrücke ausgetauscht und verglichen werden konnten. Mir scheint, dass sich hier durchaus eine (doch noch große) Kluft bemerkbar macht. Wie Jan Hodel schreibt, war vor allem bei deutschen Institutionen eine starke Zurückhaltung und Skepsis in Bezug auf  den Einsatz von Social Media in der eigenen Arbeit zu spüren, sofern es um mehr als reine Distributionskanäle für ihre Informationen geht. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die strukturellen Ähnlichkeiten der Vorbehalte gegenüber der Arbeit mit digitalen Medien in Schule und außerschulischen Lernorten (die verschiedenen Institutionen aus meiner schulischen Sicht einfach mal zusammenfassend): In beiden Feldern scheint es wesentlich um die Angst vor Kontrollverlust und mangelndes Zu-/Vertrauen in die Nutzer/Besucher/Lernenden zu gehen.

Etwas schade fand ich persönlich, dass wenig Raum und Zeit für die Diskussion der Vorträge war. Die spannend heterogen zusammengesetzte Teilnehmergruppe hätte sicher an der ein oder anderen Stelle stärker einbezogen werden können. Das Potential zeigte sich als am Samstagmorgen als eine halbe Stunde zur Diskussion zur Verfügung stand. Gleiches gilt für eine fehlende Abschlussrunde nach den Workshops am letzten Tag. Ein Zusammenführen  der Eindrücke aus den verschiedenen Workshops mit Abschlussdiskussion wäre vermutlich schöner gewesen als das Auseinanderlaufen, hätte aber vielleicht den zeitlichen Rahmen in Hinblick auf Abreise etc. gesprengt.

Die Bundeszentrale für politische Bildung hatte während der Konferenz einen Live-Stream, der wohl in den nächsten Tagen auf der Internetseite zum Nachschauen zur Verfügung gestellt werden soll für alle, die nicht live dabei waren, genauso wie einige Interviews mit Referenten sowie eventuell weitere Materialien. Auch das Portal Lernen aus der Geschichte plant eine Dokumentation der Tagung in Form von Podcast-Beiträgen.

Update: Gerade im Blog von Alexander König entdeckt der Link zum Beitrag von 3Sat Kulturzeit über die Tagung.

Update 2: Die Bundeszentrale für politische Bildung bieten auf ihren Seiten eine umfangreiche Dokumentation der Tagung mit Thesenpapieren der Vorträge und Workshops.

Die Teilnehmer des Workshops bekommen die Präsentation ja per Mail zugesandt. Wer sich sonst noch dafür interessiert, findet hier meine Präsentation zu Google Maps und selbst erstellten Stadtrundgängen mit den ensprechenden Links. An dieser Stelle auch nochmal Danke an Jöran für die nette und unkomplizierte Zusammenarbeit. Mir ist rund um Geocaching einiges klarer geworden und ich werde das sicher selbst mal bald ausprobieren 😉

Übrigens ist es auf Google Maps bisher nur möglich Bilder und Videos einzubetten, mit Audio-Dateien geht das noch nicht. Wer auf seinen Karten auf Google Maps Tonspuren einfügen möchte, muss zur Zeit noch einen Umweg gehen und diese bebildern, dann als Video abspielen und dann z.B. auf Youtube hochladen.

Schwangerschaft und Geburt im KZ

Ein Thema, das vielleicht zunächst unwirklich, unwahrscheinlich und vielleicht auch randständig scheint, zeigt eine Sonderausstellung in der KZ-Gedenkstätte Dachau: Sieben Jüdinnen brachten zwischen Dezember 1944 und Februar 1945 Kinder zur Welt, die überlebten. Der Titel als Zitat ist gut gewählt: „Sie gaben uns wieder Hoffnung“.  Der schmale, ansprechend gestaltete Ausstellungskatalog lässt nach einer präzisen Einordnung vor allem die Frauen bzw. ihre Kinder, heute selbst im Rentenalter, sprechen. Aufgrund der Unterstützung durch die Familien bietet der Katalog zahlreiche Abbildungen, die, was ich gut finde, die Menschen nicht nur als Opfer, sondern als Zeitgenossen im Rahmen ihrer Familien zeigen (können).

Die Geschichten der sieben Frauen und ihrer Kinder erzählen von Hoffnung, Überlebenswillen und von Solidarität, aber auch von den Problemen nach der Befreiung. Für den Schulunterricht scheinen Ausstellung und Material nur bedingt geeignet. Die in der Ausstellung beleuchteten Schicksale zeigen nicht das Exemplarische, sondern einen in jecder Hinsicht außergewöhnlichen Sonderfall, da schwangere Frauen und ihre Kinder in der Regel ermordet wurden. Gerade aber der Ausnahmecharakter ihres Überlebens, ihre individuellen Erfahrungen und Erzählungen lassen das möderische System der Konzentrationslager umso deutlicher hervortreten und treffen somit den Kern einer didaktischen Beschäftigung mit dem Thema und seiner Vermittlung.

Die Sonderausstellung wurde verlängert und ist noch bis zum Mai 2011 zu sehen.

Reisetipp: Yuste

Wem es gerade nicht geläufig ist, in das Kloster von Yuste hat sich Karl V. 1556 zurückgezogen, nachdem er Kaiser- und Königskrone niedergelegt bzw. an seinen Bruder und seinen Sohn weitergegeben hatte. Das nüchterne Kloster in idyllischer Lage lohnt den Besuch, wie der große Parkplatz mit den zahlreichen Bussen davor auch nahezulegen scheint (zu Fuß war ich der einzige, der sich auf die fast 2Km vom nahegelegenen Dorf her aufgemacht hatte). Google Earth bietet hier eine verspieltes, aber, wie ich finde, weder hilfreiches noch informatives 3D-Modell der Anlage.

 

Neben Kirche, Kloster und den ehemaligen Wohnräumen Karls v. beherbergt die Anlage heute auch noch den Sitz einer Stiftung, die u.a eine europäische Akademie mit höchst illustren Mitgliedern umfasst und alle zwei Jahr eigene Forschungsstipendien vergibt. Darüber hinaus gibt die Stiftung eine  jährlich erscheinende, mehrsprachige Zeitschrift, die Pliegos de Yuste zu Themen der europäischen Geschichte, Politik und Kultur heraus, die komplett online verfügbar ist und zu der ich in der letzten Ausgabe auch einen kleinen Artikel beitragen durfte.

Die Busse  scheinen dann auch gleich weiterzufahren und verpassen damit doch einen, wenn nicht zwei sehenswerte Orte der Umgebung: Zum einen das Dorf Cuacos de Yuste, wo ich heute viele alte Menschen, aber keine Touristen gesehen habe. Ein kleines Juwel mit wunderschönen Häusern, Kirchen und Plätzen aus dem 16.-18. Jahrhundert, aufgrund des nur vorbeifahrenden Touristenstroms allerdings in teilweise sehr bedauerlichem Zustand.

Bekannt ist das Dorf übrigens für sein geräucherter Chili-Pulver (pimentón de la Vera wobei der ehemalige Kaiser auch hier in der Lokalgeschichte bei der legendären Einführung der Chilis nicht fehlen darf). So sieht man an vielen Häusern rote Chili zum Trocknen hängen, ganz wie in Espelette im Baskenland, nur wie gesagt (fast) ohne Touristen, zumindest jetzt im Herbst.

Die andere Entdeckung bzw. Überraschung befindet sich auf halbem Weg zwischen dem Dorf und dem Kloster: ein deutscher Soldatenfriedhof. Ein deutscher Soldatenfriedhof im mittleren Westen Spaniens? Mit Soldaten aus dem 1. und 2. Weltkrieg? Eine Informationsplatte auf dem Gelände  brachte Klärung: Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat die deutsche Kriegsgräberfürsoge entschieden für alle deutschen Soldaten die in Spanien verstorben sind, einen zentralen Friedhof anzulegen. Eben diesen. Dort finden sich Gräber für mit ihrem Flugzeug über Spanien abgestürzte, in U-Booten vor der spanischen Küste versenkte oder an Land gespülte, tot geborgene oder im Lazarett verstorbene Soldaten. Eine sehr surrealer Ort in dieser Landschaft, wie ich fand, vielleicht aber auch nur, weil ich nicht damit gerechnet hatte.

(Landes-)Museum auf Rädern

Die Museumspädagogik des Landesmuseums Koblenz bietet für Schulen einen interessanten Service: Unter dem Motto „Kommt der Prophet nicht zum Berg…“ kommt das Museum in Schulen und soziale Einrichtungen in Koblenz und Umgebung (bis 30 Km Umkreis). Möglich wird die Maßnahme durch die vorübergehende Schließung wegen der Baumaßnahmen dieses Jahr. Die Kosten liegen zwischen 3 und 5€ pro Teilnehmer. Weitere Infos und Kontaktdaten finden sich auf den Seiten der Museumspädagogik des Landesmuseums.

Arbeitsblatt zur Analyse von Kriegerdenkmälern

Vor einigen Tagen wurde hier im Blog eine Idee zum Unterrichtseinstieg mit Kriegerdenkmälern veröffentlicht. Da sich diese Denkmalsform in fast jeder deutschen Stadt findet, bieten sich hier gute Lerngelegenheiten, die Schule zu verlassen und vor Ort zu arbeiten. Dabei lässt sich regionale Geschichte exemplarisch mit der nationalen, europäischen oder gar globalen Geschichte verbinden.

Die Arbeit lässt sich über den Einstieg hinaus natürlich noch vertiefen. Zur Analyse von (Krieger-) Denkmälern habe ich mit dem hier zum Download bereitgestellten Arbeitsblatt (.doc) gute Erfahrungen gemacht. Die Schüler notieren auf dem Blatt ihre Beobachtungen möglichst präzise. Die Notizen werden anschließend im Unterricht verglichen und Symbole erklärt. Davon ausgehend können überregional bedeutsame Monumente  zum Vergleich und Transfer herangezogen werden, um auch das typische von eventuell vorhandenen regionalen Besonderheiten herauszuarbeiten.

Schule & Archiv in Rheinland-Pfalz

Die Landesarchive in Koblenz und Speyer bieten auf ihrem generalüberholten Internetauftritt einen Überblick über ihre pädagogischen Angebote, die u.a. Führungen durch die Archive und Werkstätten, Einführungen in das Lesen alter Schriften, in die Archiv- und Quellenarbeit umfassen. Besonders erwähnenswert scheint mir noch die für Schulen ausleihbare „Archivkiste“, mit der sich das Archiv in die Schule holen lässt. Außerdem finden sich einzelne Archivalien, die für den Unterricht aufbereitet wurden.

My history network

My history network is (going to be) a network of high school students from all over the world. The network is an English speaking ning-community for those who are interested in discussing the different perspectives of history and exchange about all questions concerning history and history teaching. As in most virtual classrooms, there is a chat, forums, databases for photos and videos as well as groups on special interests like ancient or medieval history.

History teachers are invited to join the network and will get administration rights so that they will be responsible for  the invitation of their students and the administration (accept/remove/moderate) of their students‘ activities in the network.

The initiative is proposed by David Hilton who created also the History Teachers group on diigo where you can find besides more than 1000 shared, tagged and commentated links also more information about the idea and the development of the „My history network“-project.

I think this is a great idea and opportunity to propose to the more interested students in your classroom  from which  they can get a lot of benefit.